Samstag, 21. April 2018, 10:30–16:00 Tokyo Roji ‒ Tsukudajimas Hintergassen zwischen Tradition und Moderne

Mit der genauen Betrachtung der Roji, den Hintergassen, widmen sich der Vortrag und die Exkursion einem soziokulturellen Thema der Stadtentwicklung in Japan, speziell der Verdrängung der bedrohten kleinteiligen Roji-Struktur in der modernen Metropole Tokyo, und so soll die Veranstaltung vor allem das Verständnis für die Dynamik des urbanen Wandels in Japan fördern.

fig 5.5 checked

Die Roji ‒ eine Form der Hintergasse im japanischen Stadtkontext ‒ war einst Ort und Teil des Alltagslebens und ist heute durch zunehmend konkurrierende Interessen verwandelt bzw. verdrängt worden. Marginalisiert durch die Entstehung neuer Formen des Wohnens und öffentlicher Räume, beeinflusst durch verschieden Fachbereiche und neu erfunden durch die zeitgenössischen Stadtdiskurse, wurde die soziale Bedeutung der Roji durch verschiedene Subkulturen, soziale Bewegungen und Personen neu interpretiert. Bedingt durch diese verschiedenen Prozesse, stellt die Roji eine einzigartige Gelegenheit dar, den Druck der Globalisierung auf Orte des Alltagslebens auf der Mikroebene zu studieren. Mit Fokus auf das Fallbeispiel Tokyo und basierend auf der Auswertung unterschiedlicher Feldforschungsdaten präsentiert die Publikation Tokyo’s Roji ‒ The Diversity and Versatility of Alleys in a City in Transition (Routledge 2017) die Funktionen, die die Hintergasse in der Vergangenheit erfüllt hat, und die Qualitäten des urbanen Lebens, die verloren gegangen sind oder verändert wurden, als die Hintergasse aufgehört hat, Bestandteil der alltäglichen Stadtlandschaft zu sein.

fig 5.1 checked_small

Das Hauptanliegen des Vortrags besteht in der Analyse dieser verdrängten urbanen Form und der Vermittlung eines tieferen Verständnisses von der Dynamik urbanen Wandels, so dass dies zu einem sensibleren Umgang mit der Gestaltung von Alltagsorten führen kann. Am Ende des Vortrags und während der Exkursion werden Fragen der Teilnehmer zum Thema diskutiert.

Exkursion: Neben dem bekannten Ort Tsukishima liegt Tsukudajima, eine winzige Insel, die trotz Erdbeben, Krieg und Hochhausboom noch existiert. Die Nachbarschaft ist durch ein dichtes Hintergassennetzwerk und eine kleinteilige Bebauung gekennzeichnet, die sich mehr und mehr ‒ bedingt u.a. durch die Modernisierung der Metropole und dem gegewärtigen Touristenboom ‒ im Wandel befindet. Geplant ist ein Rundgang durch diese Gassen, in denen immer noch Fischerleute wohnen und Läden aus der Edo-Zeit zu finden sind, die aber neben traditionellen Produkten wie tsukudani (in Sojasoße gekochte getrocknete Fische oder Algen) auch mehr und mehr touristische Gadgets und Events anbieten.

Dr. Heide Imai studierte Architektur, Kulturwissenschaften und Urbane Soziologie in Leipzig, Rotterdam, Oxford und Manchester. Seit 2013 ist sie Assistenzprofessorin an der Hōsei Universität, GIS, Faculty of Global Interdisciplinary Studies und Research Associate an der Keiō Universität. Sie ist Autorin von Tokyo Roji: The Diversity and Versatility of Alleyways in a City in Transition (Routledge, 2017) und Global Cities Upside down: Asian Alleyways in Perspective (mit Marie Gibert-Flutre / Amsterdam University Press, erscheint voraussichtlich 2019) und beschäftigt sich vor allem mit Roji-Netzwerken in Tokyo und anderen Städten in Japan bzw. Ostasien, die als zentrale Orte der Spannungen zwischen den Kulturen der Elite und der Straße, zwischen „high“ und „low“, zwischen Revitalisierung und Verfall, Kreativität und Nachhaltigkeit und zwischen Politik und Unterhaltung betrachten werden können.

Dr. Heide Imai
Dr. Heide Imai

Ablauf
10.30-11.30 Uhr Einführender Vortrag in der OAG-Bibliothek
Fahrt nach Tsukishima mit der Toei Ōedo-Linie (Fahrzeit: ca. 15 Min.)
ca. 12.30 Uhr Lunch in einem Lokal auf der Monjayaki-Straße in Tsukishima.
ab 13.30 Rundgang durch Tsukudajima

Vortrag: Eintritt frei; Bahnfahrt und Mittagessen auf eigene Kosten.
Die Exkursion findet auch bei Regen statt.

Die Teilnehmerzahl ist auf 15 Personen begrenzt. Sollten sich mehr Interessenten anmelden, als Plätze zur Verfügung stehen, werden OAG-Mitglieder bevorzugt. Bitte geben Sie an, wenn Sie Lebensmittelallergien haben oder nicht Monjayaki oder Okonomiyaki (eine Art Pfannkuchen mit Gemüse, Fleisch/Fisch) essen wollen.

Zur Einstimmung empfiehlt sich auch der Eintrag im Blog unseres Vorstandsmitglieds Thomas Gittel, der dort über seine persönlichen Eindrücke von Tsukuda schreibt.