Montag, 14. Oktober 2024, 10:00 - Sonntag, 20. Oktober 2024, 17:00 Sayumi Wissmann: „Luftschlösser“

In meinen Gemälden habe ich Darstellungen von Lichtreflexionen sowie Lichtbrüchen, die ich in alten deutschen Schlössern vorgefunden habe, gezeichnet. Diese Lichtbrechungen und Verzerrungen entstehen durch Kronleuchter, Spiegel und Buntglasscheiben.
Obwohl diese Spiegelbilder aus der selben Quelle hervorgehen, ändert sich je nach Perspektive des Betrachters, der Position des Objekts und der Lichtverhältnisse unterschiedliche verzerrte Formen. Selbst wenn mehrere Menschen genau die gleiche Erfahrung machen, kann diese je nach Umgebung, psychologischem Zustand und Denkweise positiv oder negativ ausfallen.
Wir können die Welt der Verzerrung durch das Glas unserer selbst betrachten.
Der Titel der Ausstellung, „Luftschlösser“, bedeutet „etwas Wünschenswertes, das wir uns in unserer Fantasie ausmalen, aber nicht verwirklichen können“.

Eines Tages besuchte ich das Schloss, in dem die Urgroßmutter meines deutschen Mannes gelebt und gearbeitet hat. Es ist das Schloss Merseburg in Sachsen-Anhalt, Mitteldeutschland. In der Bibliothek des Doms wird eine althochdeutsche Merseburger Beschwörungsformel aufbewahrt, in der es um die Befreiung von Kriegsgefangenen und die Heilung von verstauchten Füßen geht und in der die germanische Mythologie erwähnt wird. Die Entzifferung dieser Texte gibt einen Einblick in die Medizin, den Glauben, die Ideen und das Leben der damaligen Zeit. Das sind Dinge, die schon lange vergangen sind und weder gesehen noch angefasst werden können.

Vielleicht wird sogar das tägliche Leben von heute in ferner Zukunft auf ein Nichts reduziert sein. Geschichtsforschung ist ein Prozess, bei dem man auf den Überresten aufbaut und das Fehlende durch Hypothesen und Ähnliches ergänzt. Entdeckungen, die Hypothesen umstoßen, werden als neue Fakten der Vergangenheit in die Geschichte aufgenommen. Es ist, als ob wir versuchen, durch diese verzerrten und undeutlichen Bilder herauszufinden, wie die ursprüngliche Form des echten Bildes aussah. Die Verzeichnungen, die sich in den Ornamenten widerspiegeln, die nach dem Aufstieg und Fall der Stadt übrig geblieben sind, mögen luxuriös und prächtig erscheinen, aber tatsächlich sind diese alle verzerrt. Durch die Darstellung verzerrter Spiegelbilder und Verzeichnungen möchte ich die Unterschiede in ihren Perspektiven und Werten veranschaulichen.

Sayumi Wissmann
Geboren in Tokyo
2012 – 2015 Studium an der Zürcher Hochschule der Künste, Master of Arts in Fine Art
2010 – 2012 Studium an der Universität der Künste Tokio, Master of Fine Arts in Ölmalerei
2006 – 2010 Studium an der Universität der Künste Tokio, Fachbereich Ölmalerei

Ausgewählte Einzelausstellungen
2019 „Schein und Sein“ Galerie Gondwana, Deutschland
2016 „der Anfang der Erinnerung“ Galerie zur Matze im Stockalperschloss, Schweiz
2010 „The 26th Ueno Royal Museum Grand Prize Exhibition“ Die Galerie des Ueno Royal Museum, Tokyo
2009 „Kyorisai“ TWS Hongo, Tokyo, Japan
2008 The 26th Ueno Royal Museum Grand Prize Exhibition [Grand prize]
TOKYO WONDER WALL 2008 [Grand prize]

Ausstellungsmacher: Stefan Speidel

Lichtschein_Sayumi Wissmann
Am 16.10. findet ab 20 Uhr die Eröffnung der Ausstellung bei einem kleinen Umtrunk im Foyer statt.