Montag, 16. Mai 2022, 10:00 - Sonntag, 22. Mai 2022, 18:00 Lee Satoko: „4,6 Milliarden Jahre Geschichte entlang des Tamagawa Aquädukts – den Unsichtbaren gewidmet“

Die Unsichtbaren, denen diese Ausstellung gewidmet ist, sind von zweierlei Natur.
Einerseits sind die Unsichtbaren der spirituellen Sphäre gemeint, längst vergessen von uns modernen Menschen. Einst wurde beispielsweise in japanischen Küchen der dort angesiedelten Feuergottheit gehuldigt. Andere Gottheiten wurden im hauseigenen Shintō-Hausaltar verehrt. Der Alltag war ganz selbstverständlich vom Glauben an Naturkräfte durchzogen. In dieser symbiotischen Beziehung hielten sich Menschen und Gottheiten gegenseitig am Leben. Heute findet sich eine solche Praxis nur noch in wenigen Haushalten und man setzt auf Geld und moderne Technik statt auf göttliche Intervention.

Die anderen Unsichtbaren sind von vollkommen irdischer Natur: kleine Kreaturen, so winzig, dass sie dem bloßen Auge verborgen bleiben. Die Zahl von unsichtbaren Insekten und Mikroorganismen, häufig zusätzlich verborgen durch ihren Lebensraum tief in der Erde oder den Ozeanen, übersteigt die Zahl der sichtbaren Lebenwesen – große Säugetiere wie Elefanten und Wale, aber auch kleinere wie Reptilien oder Vögel – um ein Vielfaches.

Vernachlässigte Gottheiten und ungeliebte Kleinstlebewesen; solch poetischen Affinitäten spürt Lee Satoko in dieser Ausstellung nach und widmet sie umgekehrt ihren Subjekten, in der Hoffnung, dass sich unsere Perspektiven verschieben und unser Blick geschärft wird.

Lee Satoko ist Organisatorin der „Vereinigung zur Unterstützung winziger Insekten, (Wild-)Pflanzen und Lebewesen“ (ちいさな虫や草やいきものたちを支える会), einer Gruppe, die auf lokaler Ebene agiert. Der Name steht für die Notwendigkeit einer Achtsamkeit gegenüber den winzigen Kreaturen, mit denen wir den Planeten teilen und ohne die wir selbst nicht existieren könnten.

Geboren 1961 in Kokura City (heute Kokurakita, Kitakyushu), zog Satoko Lee 1982 nach Kodaira, um an der Kunsthochschule Musashino Bildhauerei zu studieren. Nach dem Abschluss ihres Studiums ließ sie den Wohlstand Japans hinter sich, um in einem indischen Dorf ohne Zugang zu Strom, Wasser und Gas tiefere Einsicht in die Bedeutung des menschlichen Lebens zu gewinnen. Lee hat an zahlreichen Bildhauerei-Symposien, sowohl in Japan als auch in Übersee teilgenommen und arbeitete 26 Jahre lang als Kunstlehrerin für Kinder.
Wohnhaft in Nähe des Tamagawa Josui plant und organisiert Lee eine Vielzahl von Workshops, Filmvorführungen und Kunstworkshops für Kinder.

In ihrer Praxis an der Schnittstelle von Kunst, Bildung und Aktivismus offenbart sich sowohl der Wunsch als auch ein eindrucksvolles Talent dafür, Verbindungen zu schaffen – zwischen den bunt zusammengewürfelnden TeilnehmerInnen und Beitragenden ihrer Veranstaltungen und Workshops, zwischen Disziplinen, Orten und Zeiten und, nicht zuletzt, zwischen Menschen und der von ihnen bewohnten Umwelt.

Ausstellung
Wann? Montag, den 16. bis Sonntag, den 22. Mai 2022, täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr, am Sonntag bis 17 Uhr
Wo? Foyer des OAG-Hauses
Wie viel? Eintritt frei

Scherenschnitt-Workshop
(für Kinder und Junggebliebene)
Wann? Dienstag, 17. bis Freitag, 20. und Sonntag, 22. Mai, täglich 14.00-16.00 Uhr
Wo? Foyer des OAG-Hauses
Wie viel? kostenlos

Vorführung des Films „4,6 Milliarden Jahre Geschichte entlang des Tamagawa- Aquädukts“
Der Film von Yamaoka Nobutaka dokumentiert das Projekt, die rund 4,6 Milliarden Jahre Geschichte von der Entstehung der Erde (Urknall) bis heute auf die Länge (46 km) des Tamagawa-Aquädukts zu übertragen und so für den Menschen „erlebbar“ zu machen.
Er zeigt auch, welche Anstrengungen im Bereich Umweltschutz unternommen wurden und werden, um die Natur in und entlang der Wasserstraße zu bewahren.

Wann? Samstag, 21. Mai, ab 14.00 Uhr
Wo? Saal des OAG-Hauses
Wie viel? Eintritt frei
Sprache? Japanisch mit englischen Untertiteln

Exkursion
Wann? Samstag, den 28. Mai
Wo? Bhf. Tamagawa-jōsui an der Seibu Haijima-Linie
Wie viel? Teilnahme kostenlos, Spende erbeten

Ausstellungsmacher: Stefan Speidel


東京ビエンナーレの記録集に掲載されたリーさんの活動報告