Mittwoch, 8. Mai 2024, 18:30–20:00 Prof. Dr. Christian W. Spang: „Anmerkungen zu den NSDAP-Mitgliedern in Japan. Statistische Analysen der ‚Nazi Party Membership Records Japan‘ (NS 9/407)“

Der Vortrag am 79. Jahrestag der deutschen Kapitulation am Ende des Zweiten Weltkrieges wird mit einer Vorstellung der von den US-Streitkräften kompilierten Nazi Party Membership Records Japan beginnen. Die US-Behörden stellten nach Kriegsende detaillierte länderspezifische Listen von NSDAP-Parteimitgliedern im Ausland zusammen. Die Japan-Liste enthält Namen, Mitgliedsnummer, Geburts- und Eintrittsdatum, Adresse und Berufsangaben von 429 ParteigenossInnen und stellt die Grundlage für die „Anmerkungen zu den NSDAP-Mitgliedern in Japan“ des Referenten dar.

Im Verlaufe des Vortrages werden eine Anzahl von Fragen gestellt und – soweit es die „NS 9/407“ Listen erlauben – auch beantwortet. Ein wichtiges und interessantes Thema ist die Altersstruktur der Nazis in Japan. Wie viele (sehr) junge, wie viele mittelalte und wie viele ältere Mitglieder gab es? Wer trat wann ein? Wer trat als Erster in Japan vor Ort in die Partei ein und wer hatte die niedrigste Mitgliedsnummer? Wie viele Frauen sind in den Listen zu finden? Wie viele von ihnen waren ledig, wie viele verheiratet? Waren die Gattinnen der Nazifunktionäre in Japan Parteimitglied oder nicht? Gab es Fälle, bei denen die Ehefrau vor ihrem Mann eingetreten war? Waren alle OAG-Repräsentanten in der NSDAP? Und wie steht es mit den Diplomaten und Militär-Repräsentanten des „Dritten Reiches“? Was ist mit den Austauschstudenten der 1930er Jahre und mit den deutschen Lehrkräften an den japanischen Oberschulen? Wer fehlt in den Listen … und warum? Stimmen die Einträge in den Listen mit dem überein, was z.B. im Biographischen Handbuch des deutschen Auswärtigen Dienstes 1871-1945 steht? Gib es Fehler in den Listen und wenn ja, welche Art von Fehler? Worin liegt der Wert von ggf. nicht vollständigen und fehlerhaften Listen?
Diese und weitere Fragen werden in dem Vortrag anhand von vielen Tabellen diskutiert. Nicht alle oben erwähnte Fragen lassen sich auf der Basis der NS 9/407 Listen abschließend klären, aber man gewinnt durch eine statistische Auswertung der Mitgliedschaft doch ein viel klareres Verständnis.

Die in den Listen belegten Fakten bezüglich des jeweiligen Eintrittsdatums werden im Zuge einiger Fallbeispiele mit Aussagen in autobiographischen Darstellungen, Briefen, Interviews etc. oder auch mit Kommentaren in der Sekundärliteratur ins Verhältnis gesetzt. In vielen Fällen ergeben sich hier deutliche Diskrepanzen, die uns am Ende in der Diskussionsrunde möglicherweise zu der Frage bringen, was die reine Mitgliedschaft in der NSDAP über die entsprechende Person aussagt. Inwieweit man hier allgemeingültige Aussagen treffen kann, ist eine nicht leicht zu beantwortende Frage.

Professor Dr. Christian W. Spang lehrt seit 2012 an der Daitō-Bunka-Universität, Tokyo. 2009-12 war er Associate Professor an der Tsukuba Universität, 2018/19 Gastprofessor an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. OAG-Vorstandsmitglied 2001-04 und 2019-23. Seine Forschungsschwerpunkte sind die deutsch-japanischen Beziehungen von der Meiji- zur frühen Shōwa-Zeit. 2013 veröffentlichte er Karl Haushofer und Japan, 2006 und 2016 trat er als Co-Herausgeber zweier auf Englisch publizierter Sammelbände zu den bilateralen Beziehungen in Erscheinung, und publizierte 2018 Karl Haushofer und die OAG. Er leitete von 2003 bis 2023/24 den Ausschuss/Arbeitskreis für die Geschichte der OAG und ist Co-Autor von Die OAG 1873-1979 (2024). Zurzeit bereitet er die Publikation zweier Japantagebücher (Wiltrud Preibisch, 1937-44, und Albrecht Haushofer, 1937), sowie einer Postkartensammlung (Martha Haushofer 1908-10) vor.

Der Vortrag findet NUR in Präsenz statt.
Eine spätere schriftliche Veröffentlichung des Vortrags ist für Herbst 2024 geplant.