Mittwoch, 22. November 2023, 18:30–20:00 Prof. Dr. Kimura Goro Christoph: Mukyōkai – Japanisches Christentum oder Fortsetzung der Reformation?

Als „Mukyōkai“ (wörtlich „keine/ohne Kirche“) werden Christen in Japan (und in einigen anderen Ländern) bezeichnet, die in der Regel keiner institutionalisierten Kirche angehören. Viele Mukyōkai-Christen besuchen sonntags eine Versammlung für Bibelstudien, die meistens von Laien geleitet wird, da es bei Mukyōkai keine ordinierten Geistlichen gibt.

Diese Form des christlichen Glaubens geht zurück auf Uchimura Kanzō (内村鑑三 1861-1930), der in Japan allgemein wegen der sogenannten „Majestätbeleidigungsaffäre“ (不敬事件 1891) und wegen der Kritik am Russo-Japanischen Krieg (1904–1905) bekannt wurde.

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Uchimura Kanzō, ca. 1918

Uchimura, der nach dem Studium zunächst als Regierungsbeamter, dann als Lehrer und schließlich als Schriftsteller in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen wirkte, konzentrierte sich im Laufe seines Lebens immer mehr auf die Vermittlung des christlichen Glaubens in Japan. Seine Bemühungen, die Botschaft der Bibel seinen japanischen Landsleuten näherzubringen, führte jedoch nicht dazu, den christlichen Glauben mit japanischen Elementen zu versehen, sondern half ihm im Gegenteil, den Kern des christlichen Glaubens ohne den europäisch-amerikanischen bzw. modernistischen Überbau zu begreifen und deutlich zu benennen. So werden seine Schriften bis heute auch von evangelischen und katholischen Geistlichen und Gläubigen rezipiert.

Nach der Vorstellung des Lebenslaufs und Glaubens von Uchimura wird die Entwicklung von Mukyōkai nach Uchimura skizziert und auf die heutige Lage von Mukyōkai eingegangen. Der Vortrag beruht z.T. auf eigenen Erfahrungen des Vortragenden und versucht, das Phänomen „Mukyōkai“ aus einer Innenperspektive zu betrachten.

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Uchimura hat sein Lebensmotto in seine Bibel geschrieben und mit dem Hinweis To be Inscribed upon my Tomb versehen.

Kimura Goro Christoph ist Professor an der Abteilung für Deutsche Studien und an der Graduiertenschule für Internationale Beziehungen der Sophia-Universität, Tokyo. 2021-2022 Gastwissenschaftler an der Universität Leipzig. Seine Fachgebiete sind Soziolinguistik und Europastudien. In Bezug auf Europastudien beschäftigt er sich u.a. mit der Rolle der christlichen Kirchen in Deutschland zu gesellschaftlichen Fragen. In den letzten Jahren hat er zur Rolle der Kirche bei der deutsch-polnischen Versöhnung, Energiewende, Coronakrise und Schöpfungsverantwortung publiziert. Derzeit arbeitet er als Mitherausgeber an einem Sammelband zur Entwicklung der Säkularität und Religiösität in westlichen Gesellschaften.

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Sapporo Dokuritsu Kyōkai, welche von Uchimura Kanzō und Fujita Kusaburō entworfen und die 1885 fertiggestellt wurde.

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