Mittwoch, 14. November 2018, 18:30–20:00 Beate Wonde: „Unvergessen? – Auf den Spuren des preußischen Polizeihauptmanns F.W. Höhn, einst ’Vater der Polizei Japans‘“

Friedrich Wilhelm Höhn (1839-1892)

Friedrich Wilhelm Höhn (1839-1892) zählt heute im öffentlichen Bewusstsein kaum zu den Meiji-Deutschen und Mitgliedern der OAG, deren Biografien aufgearbeitet wurden und die als Brückenbauer geehrt werden. Der 1894 für ihn aus Spenden errichtete und inzwischen verfallene, drei Meter hohe Gedenkstein im Mimeguri jinja – wohl der zweite für einen Deutschen nach dem für Hermann Ritter 1875 – wurde zu seinem 50. Todestag restauriert und im Beisein hoher Vertreter der Regierung, der Polizei und von Höhns einstigen Schülern wiedereingeweiht. Sowohl in Tokyo als auch in Berlin fanden 1942 Gedenkveranstaltungen für Höhn statt. Prof. Clemens Scharschmidt verfasste dafür einen biografischen Artikel; Kurt Meissner machte sich an die Übersetzung des Gedenkstein-Textes. Beides fehlt in heutigen Literaturverzeichnissen.

Höhn-Gedenkstein im Mimeguri-jinja Beate Wonde
Höhn-Gedenkstein im Mimeguri-jinja © Beate Wonde

Seither wurde es ruhig um Höhn. Die Suche nach seinen Spuren begibt sich an Höhns Geburtsort Güstebiese im Oderbruch, sichtet das wenige, nach dem Brand des Polizeipräsidiums Berlin vorhandenen Material zu seinem militärischen und polizeilichen Werdegang, wertet diplomatische Quellen seiner Entsendung nach Japan 1885-1891aus und dokumentiert seine Rolle bei der Reform der Verwaltungsstruktur der japanischen Polizei und der Ausbildung von 553 Polizisten. Als Berater legte Höhn größten Wert auf die Beibehaltung und den Ausbau des chūzaisho– und kōban-Sytems, der kleinen Polizeiwachen in Stadtvierteln bis in die entlegenste Provinz.

Als Glücksfall der Recherche erwies sich die Entdeckung des nach dem II. Weltkrieg verloren geglaubten Nachlasses von Höhn. Neben Fotos aus der Japanzeit – auch von der Klöppelschule, welche seine Frau Luise und seine Stieftochter Anna betrieben – enthält das Konvolut drei private Reisetagebücher, die neben den Protokollen seiner zahlreichen Dienstreisen von Hokkaido bis nach Amami-Ōshima entstanden. Diese Tagebücher geben z.T. auch Hinweise zur Herkunft der auf ethnologische Museen verstreuen Höhn’schen Sammlung.

Die von der Referentin kuratierte Ausstellung der Mori-Ōgai-Gedenkstätte (2.8.-20.12.2018) gewährt dem Besucher einen ersten Einblick in die spannende, weit gefächerte Recherche. Anschließend wird die Ausstellung vom 7.1.-29.3.2019 in der Polizeihistorischen Sammlung Berlin, dann im Oderbruch zu sehen sein. Eine ausführliche Publikation zu Höhn ist in Arbeit.

Klöppelschule für alleinstehende junge Frauen, von Höhns Frau Luise und seiner Stieftochter Anna betrieben.
Klöppelschule für alleinstehende junge Frauen, von Höhns Frau Luise und seiner Stieftochter Anna betrieben.

Beate Wonde, geb. 1954 in Guben/Brandenburg. 1973-78 Studium Japanologie, Theaterwissenschaft und Anglistik an der Humboldt-Universität zu Berlin. 1979-81 Monbusho-Stipendiatin an der Waseda-Universität, 1999 einmonatige Gastprofessur an der Meiji-Universität und 2010 JSPS-Stipendiatin an der Mie-Universität mit Aufenthalt am Kitasato-Institut. Sonderlehrveranstaltungen an Instituten für Museumskunde, Kulturwissenschaft und Germanistik. Betreut seit Gründung 1984 die Mori-Ōgai-Gedenkstätte in der Berliner Luisenstr. 39. Nach über 60 Sonderaustellungen kuratierte sie die neue Dauerausstellung der MOG.