Vorträge
Mittwoch, 15. Januar 2020, 18:30–20:00 Vincent B. Lesch: „NPOs im japanischen Erziehungssystem: Berufsorientierung an städtischen Oberschulen in Tokyo“
Die Nachfrage nach Bildung hat sich in den letzten Jahrzehnten aufgrund des gesellschaftlichen Wandels und der Globalisierung deutlich verändert. Die individuellen Bedürfnisse haben sich dahingehend gewandelt, dass die traditionellen Akteure im japanischen Bildungssystem ihnen nicht mehr gerecht werden können. Nicht nur der privatwirtschaftliche Sektor sondern auch die Zivilgesellschaft haben eine immer größere Rolle in der Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten. Dies hat gravierende Auswirkungen auf die Rolle der formalen Bildung in Japan.
Das Forschungsprojekt wirft Licht auf die Schnittstelle zwischen formaler Bildung, NPO-geleiteter Berufsorientierung und dem Arbeitsmarkteintritt. Es untersucht, wie und warum sich das Wesen von Berufsorientierung in den letzten Jahren so drastisch gewandelt hat und analysiert die Konsequenzen für die japanische Oberschule als In-stitution, von der immer noch erwartet wird, einen reibungslosen Übergang ins Berufsleben zu gewährleisten. Es werden ethnographische Daten präsentiert, die ein besseres Verständnis über die Beteiligung von zivilgesellschaftlichen Gruppen wie beispielsweise NPOs auf der Ebene der städtischen Oberschule ermöglichen.
Besonders an Oberschulen mit einem durchschnittlichen akademischen Level scheinen Lehrer seit einiger Zeit weder in der Lage, den reibungslosen Übergang ins Berufsleben zu gewährleisten, noch ist es ihnen möglich, auf effektive Weise Fertigkeiten und Kompetenzen für einen erfolgreichen Arbeitsmarkteintritt zu vermitteln. Resultierend daraus nehmen diese Schulen nun vermehrt die Angebote von zivilgesellschaftlichen Akteuren, wie beispielsweise NPOs, wahr, um ihren Schülern eine umfassende Berufsorientierung bieten zu können.
Vincent B. Lesch (1986), Studium der Japanologie und Soziologie an den Universitäten Hamburg (Asien-Afrika-Institut) und Hiroshima.
Nach einem neunmonatigen Aufenthalt 2017 als Promotionsstipendiat am Deutschen Institut für Japanstudien (DIJ Tokyo) und mehrerer Kurzaufenthalte als Gastforscher an der Waseda- und an der Sophia-Universität Promotion an der Universität Hamburg zum Einfluss von zivilgesellschaftlichen Akteuren (NPOs) auf die Berufsorientierung an städtischen Oberschulen im Großraum Tokyo. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf dem gegenwärtigen japanischen Erziehungssystem, insbesondere auf aktuellen Problemen bezüglich des Arbeitsmarkteintritts, der Ungleichheit in der Bildung sowie Schulabsentismus.