Mittwoch, 5. Oktober 2022, 18:30–20:00 Tobit Nauheim: „Johannes Justus Rein als Pionier der OAG? Forschungspraktiken einer geographischen Japanexpedition (1873-1875)“

Auf Anregung Max von Brandts wurde der spätere Bonner Geographieprofessor Johannes Justus Rein im Jahr 1873 nach Japan entsandt, um im Auftrag des preußischen Handelsministeriums die traditionellen Handwerksindustrien des über Jahrhunderte hinweg verschlossenen Landes zu erforschen.

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Porträt Reins mit Unterschrift; Quelle: Archiv Dr. Jürgen Schwalm

Entgegen der verbreiteten Vorstellung von Forschungsreisenden als heroischen Einzelgängern wird bei genauerer Betrachtung der Japanexpedition deutlich, inwieweit personelle Netzwerken und interdisziplinärer Wissensaustausch zum Erfolg des Unternehmens beitrugen. Als „Pionier der OAG“ (Harald Meyer, OAG Notizen 3/2002) nutzte Rein die Community von Wissenschaftlern, Diplomaten und Kaufleuten in Japan, um seinem Auftrag nachzukommen und darüber hinaus mannigfaltige geographische Untersuchungen anzustellen. Die Ergebnisse seiner Studien präsentierte er einige Jahre später in Form eines umfangreichen länderkundlichen Werks, das Rein zu einem Begründer der europäischen Japanforschung machen sollte.

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Die erste Seite der Japantagebücher Reins

Auf Grundlage der kürzlich edierten Reisetagebücher soll illustriert werden, wie sich Reins Forschungsprozess gestaltete und inwiefern ihm die Zusammenarbeit mit der japanischen Bevölkerung und Mitgliedern der OAG neues Wissen zugänglich machte. Darüber hinaus wird das sich wandelnde Japanbild Reins einer kritischen Betrachtung unterzogen. So wich Reins anfänglich vorurteilsbehafteter Eindruck der Bewohner Japans einer gegenseitigen Wertschätzung sowie einer produktiven Zusammenarbeit, die noch Jahre nach seiner Rückkehr nach Deutschland fortbestand.

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Übersichtsskizze von Dr. Reins Reiserouten in Japan
REIN, Johannes Justus (1879): Höhenbestimmungen in Japan während der Jahre 1874 und 1875. In: Petermann’s Mittheilungen. Über wichtige neue Erforschungen auf dem Gesammtgebiete der Geographie. Aus Justus Perthes‘ Geographischer Anstalt 25, S. 292-297, S. 293.
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Rein vor der Deutschen Legation in Tokio. Aus: Peter Pantzer / Sven Saaler: Japanische Impressionen eines Kaiserlichen Gesandten. Karl von Eisendecher im Japan der Meiji-Zeit. München 2007, S. 150.
Es zeigt: J. Rein (3.v.l.), Louis v. Zansen, v. Knobloch, Richard Gebauer, Lübbecke, Dr. von Holleben, Ferdinand Krien.

Tobit Nauheim, seit Oktober 2020 wissenschaftlicher Mitarbeiter und Promovend in der AG Historische Geographie (Prof. Winfried Schenk) am Geographischen Institut der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn; zuvor Studium der Geographie, Geschichte, kath. Theologie und Bildungswissenschaften in Bonn und Prag. Herausgeber der Japan-Reisetagebücher Johannes Justus Reins in Zusammenarbeit mit Prof. em. Shigekazu Kusune (Univ. Kanazawa), Prof. Winfried Schenk (Univ. Bonn) und Prof. Toshihiro Yoshida (Kokugakuin Univ. Tokio). Von September bis Oktober 2022 Forschungsaufenthalt in Japan, gefördert durch das short-term-Programm der Kokugakuin Universität Tokio.

Zeit: 18.30-20.00 Uhr (Japan), 11.30-13.00 Uhr (MESZ)
Zoom-Link: https://us02web.zoom.us/j/89012917394?pwd=MnNka3V0ejJ4QmlJMmd5OVZ0UUVwQT09
Meeting ID: 890 1291 7394
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