Mittwoch, 13. April 2022, 18:30–20:00 Niklas Salm-Reifferscheidt: „Aoki Shūzō und seine Familie. Erkenntnisse aus dem privaten Nachlass“

160 Jahre Freundschaft Deutschland-Japan

Der Diplomat und Politiker Vicomte Aoki Shūzō hat als einer der bedeutenden Reformer der Meiji-Zeit seinen Platz in der Geschichte eingenommen. Während sein öffentliches Wirken verhältnismäßig gut erforscht ist, wusste man bislang wenig über sein Privatleben.

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Aoki Shūzō, Tochter Hanna, Enkeltochter Hissa
(Großmutter von Niklas Salm-Reifferscheidt)

Nach Aokis Ableben am 16. Februar 1914 wurde dessen Nachlass unter seiner Witwe Elisabeth, seiner Tochter Hanna und seinem Adoptivsohn Sugi Umesaburō aufgeteilt. Als die Erbschaft abgewickelt war, kehrte Hanna, die seit ihrer Vermählung mit Alexander Graf von Hatzfeldt-Trachenberg im Jahr 1904 in Schlesien lebte, dorthin zurück, und auch Elisabeth verließ Japan für immer, um fortan in Deutschland zu leben.

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Brief von Aoki Shūzō (1886)

So gelangte ein guter Teil von Aokis historisch wertvollem Nachlass nach Europa, wurde aber leider vor allem durch die Wirren der beiden Weltkriege beträchtlich dezimiert. Der verbliebene Bestand schlummerte einige Jahrzehnte einen Dornröschenschlaf und wurde erst in den vergangenen Jahren durch die Japanologin und Historikerin Dr. Nana Miyata und Hannas Enkel Niklas Salm-Reifferscheidt gesichtet und bearbeitet. Persönliche Briefe und behördliche Dokumente brachten neue Erkenntnisse und warfen neue Fragen auf, deren Beantwortung weitere Recherchen auslösten.

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Reisepasss von Elisabeth Aoki, 1920

Im Zuge der Aufarbeitung erfolgte auch die Befragung von Zeitzeugen, die Hanna Aoki kannten. So entstand ein interessantes Bild von Aoki und seiner Familie, wie es der Öffentlichkeit bislang nicht zugänglich war.
Die Beleuchtung seines Privatlebens zeigt die menschliche Seite des Diplomaten und Politikers Aoki Shūzō und gibt Aufschluss über die Entwicklung seiner Vorstellungen, seiner Gedanken und seiner Ideen für das Japan der Meiji-Ära.

Auch die Ehe Aokis Tochter Hanna mit einem Mitglied des alten deutschen Adels und ihr Familienleben zeigen zahlreiche interessante Aspekte auf, mit teils weitreichenden Folgen. Zum Beispiel beeinflusste diese „nichtarische“ Ehe die Formulierung der nationalsozialistischen „Nürnberger Rassegesetze“. Vor allem aber ist es spannend, in das Privatleben der Familie Aoki einzutauchen.

Niklas Salm-Reifferscheidt wurde 1972 in Linz/Donau geboren und ist mütterlicherseits ein Nachkomme von Hanna Aoki. Während seiner Ausbildung zum Forstwirt belegte er die Fächer Geschichte und Philosophie mit Schwerpunkt der Sozial- und Rechtsgeschichte an der Universität Wien. Mit seiner Hochzeit im Jahr 2000 trat Niklas Salm seine Mitarbeit im elterlichen Gutsbetrieb in Oberösterreich an, übernahm ihn nach dem Tod seines Vaters 2009 und lebt dort mit seiner Frau Nathalie, geb. Gräfin von Ballestrem, und ihren gemeinsamen fünf Kindern. Seine Interessen gelten neben seiner beruflichen Tätigkeit der Familie, der Aufarbeitung des Familienarchivs und der Sozialarbeit im Malteser Hospitaldienst Austria, dem er als Kommandant ehrenamtlich vorsteht. 2004 gründete er einen Schüleraustausch zwischen Schulen der Stadt Nasushiobara/Tochigi und der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz, woraus sich 2016 eine Städtepartnerschaft entwickelte.

Information:
Vom 16.4. bis zum 5. Juni 2022 findet im Kume Museum of Arts die Ausstellung
„Ein preußischer Japaner. Der Diplomat Aoki Shūzō (1844-1914) im Profil“ statt.

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