Mittwoch, 30. Oktober 2019, 18:30–20:00 Prof. Dr. Christian W. Spang: „Deutsche Lehrkräfte an japanischen Eliteschulen der Vorkriegszeit. Die Rolle der Kyūsei-Kōkō-Lehrer in Schule und Gesellschaft“

Der Vortrag wird mit einer kurzen Vorstellung der japanischen Oberschulen alten Stils (Kyūsei-Kōkō) und dem Aufbau einer westlichen Schul- und Universitätsausbildung von der Meiji- zur Taishō- und frühen Shōwa-Zeit beginnen. Anschließend wird die Fremdsprachenausbildung an den Kōkō und die Rolle des bzw. der Deutschen hierbei behandelt. Die meisten Schulen beschäftigten bereits in der späten Meiji-Zeit ausländische Sprachlehrer für Englisch, Deutsch und Französisch. Während einige nach kurzem Japanaufenthalt nach Europa zurückkehrten, blieben andere z.T. sehr lange in Japan. Bemerkenswert ist, dass einige der Lehrer später eine gewisse Berühmtheit erlangten wie z.B. die Japanologen Walter Donat, Horst Hammitzsch und Hans Zachert. Aber auch Hermann Bohner (und zwei seiner Brüder), Bruno Petzold, Dietrich Seckel, Kurt Singer und Robert Schinzinger unterrichteten zeitweise an einer der Oberschulen.

Nach dem Ende der Phase der sog. oyatoi gaikokujin, also der von der japanischen Regierung direkt oder indirekt engagierten Berater und Professoren, stiegen Anfang des 20. Jahrhunderts auch innerhalb der deutschen Kolonie Einfluss und Ansehen der Kōkō-Lehrer. Beispielsweise spielten die Oberschullehrer nach dem Ersten Weltkrieg auch innerhalb der OAG eine größere Rolle als zuvor. In der Phase des Dritten Reiches wurde eine „japanische“ Gruppe des Nationalsozialistischen Lehrerbundes (NSLB) etabliert, um auf diese Weise eine Gleichschaltung der Lehrerschaft zu erreichen. Die Lehrer sollten als Multiplikatoren nationalsozialistischer Ideen fungieren. Allerdings weigerten sich manche beharrlich, dem NSLB bzw. der NSDAP beizutreten.
Anhand einiger biographischer Skizzen und einem Blick auf die z.T. sehr unterschiedlichen Karrieren verschiedener deutscher Lehrer und ihre Aktivitäten jenseits ihrer jeweiligen Schule sollen die bisher kaum als separate Gruppe innerhalb der deutschen Kolonie wahrgenommenen Kōkō-Lehrer vorgestellt werden.

Christian W. Spang ist Professor an der Daitō Bunka Universität in Tokyo/Saitama. Seine Forschungsschwerpunkte sind die deutsch-japanischen Beziehungen von der Meiji- zur frühen Shōwa-Zeit sowie die Geopolitik des 19. und 20. Jahrhunderts. Seine Dissertation Karl Haushofer und Japan (2013) wurde 2009 mit dem Gerhard-Ritter-Preis der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. ausgezeichnet. 2006 und 2016 trat er als Co-Herausgeber zweier auf Englisch publizierter Sammelbände in Erscheinung. Zuletzt publizierte er Karl Haushofer und die OAG (2018). 2009-12 war er Associate Professor an der Tsukuba Universität, im akademischen Jahr 2018/19 Gastprofessor im Fachbereich Japanologie der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg. Von 2001 bis 2004 war er Vorstandsmitglied der OAG und leitet seit 2003 den Ausschuss/Arbeitskreis für die Geschichte der OAG. Seit Mai 2019 ist er erneut im Vorstand der OAG.

Christian Spang
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