Mittwoch, 22. April 2015, 18:30–20:00 Dr. Takashi Kawashima (Kyoto Universität): „Die Rezeption von Heidi in Japan und die Wiederaufnahme der japanischen Zeichentrickfilmversion in Europa“

Die Heidi-Romane der Schweizer Autorin Johanna Spyri (1827-1901) – Heidis Lehr- und Wanderjahre (1880) und Heidi kann brauchen, was es gelernt hat (1881) – wurden bisher nicht nur in über fünfzig Sprachen übersetzt, sondern auch vielfach verfilmt. So erlangte zum Beispiel die 1974 von Isao Takahata (1935-) produzierte Zeichentrickfilmserie Arupusu no Shōjo Haiji [Heidi, das Mädchen aus den Alpen] zunächst in Japan große Beliebtheit, dann auch in Europa.

Diese japanische Animation und die deutsch synchronisierte Version davon zeigen allerdings merkwürdige Verschiedenheiten, vor allem in der Behandlung der religiösen Elemente im Original. Spyri als eine konservativ-pietistische Schriftstellerin stellte nämlich die Bekehrung der sündhaften Seelen zu Gott und die Hoffnung auf das Leben nach dem Tod ins Zentrum ihrer Romane, was für das heutige Publikum etwas fremd oder sogar befremdend wirken müsste. Übrigens könnte man auch annehmen, dass diese starke christliche Religiosität den Kern der Schwierigkeiten des Übersetzens für viele japanische ÜbersetzerInnen, die sich mit diesen Romanen beschäftigten, ausmachte.

In meiner Präsentation möchte ich die oben erwähnte Animationsserie im Kontext der langen Übersetzungsgeschichte von Heidi seit der ersten japanischen Ausgabe (1920) von Yaeko Nogami (1885-1985) bis heute betrachten, um dann diese animierte Adaption mit der deutschen Version zu vergleichen.

Takashi Kawashima studierte Germanistik an der Universität Kyoto, wo er 2005 in deutscher Literatur promovierte. Von 2009 bis 2013 war er Dozent und Associate Professor an der Universität Shiga. Seit 2013 ist er Associate Professor an der Universität Kyoto und beschäftigt sich vor allem mit neuerer deutscher Literatur und Medienwissenschaft. Er ist auch Autor mehrerer Bücher über Franz Kafka und Johanna Spyri.