Mittwoch, 1. April 2015, 18:30–20:00 Gerhard Thiedemann (Dt. Botschafter in Ulan Bator): „Impressionen aus der Mongolei“

Botschafter Thiedemann wird mit von ihm und seiner Frau Dr. Marlies Thiedemann fotografierten Bildern über seine Impressionen aus der Mongolei seit 2013 berichten. Dabei gelingt es dem Diplomaten, einige Facetten zu beleuchten, die sich dem Kurzzeitbesucher des Steppenlandes nicht ohne weiteres erschließen.
Eigentlich schon seit Dschinghis Khans Erben im 13. Jh. gibt es Verbindungen bis nach Japan und Deutschland, wobei ein Götterwind die Invasion des Inselreiches unmöglich machte und die Steppenkrieger in Schlesien nach dem Kampf mit einem Ritterheer ihr Ziel nicht weiter verfolgten.

Die Mongolei hat sich nach dem Ende des Kommunismus in den letzten 25 Jahren geöffnet und gewandelt, befindet sich aber immer noch im Transformationsprozess eines Entwicklungslandes mit mittlerem Einkommen. Das Land ist demokratisch verfasst und hat europäische und asiatische Elemente in seine Gesellschaft integriert. Der Buddhismus ist wieder erstarkt und populär, nachdem sich das Volk 1990 für die Freiheit entscheiden konnte. Jeder zweite der insgesamt drei Mio. Mongolen lebt inzwischen in der Hauptstadt; ein Drittel der Bevölkerung ist arm und wohnt in Jurtenvierteln am Stadtrand. Andererseits findet man auf dem Lande kaum einen Viehzüchter-Haushalt, der nicht über mindestens ein Motorrad, sowie Sonnenkollektor und Satellitenschüssel für den TV-Empfang am Zelt verfügt.

Die grandiose Natur zwischen der Wüste Gobi, den Bergen des Altai und der sibirischen Taiga ist für die Touristen ein Magnet, für die Menschen, die dort zu Hause sind, jedoch eine Herausforderung. Viele Mongolen sind nun in die Moderne eingetaucht, haben Studienerfahrungen z.B. aus Japan oder Deutschland und wollen nach Rückkehr in die Heimat ein Leben führen, das dem in Tokyo und Berlin angenähert ist. Reiche Bodenschätze mehren schon jetzt den Wohlstand, müssen aber weiter erschlossen werden, wobei es gilt, tausende Kilometer Entfernung zu Industriezentren und Seehäfen zu überwinden, um die Rohstoffe zu vermarkten.
Heute ist das Land international gut vernetzt und sucht recht erfolgreich die Sandwichlage zwischen den übermächtigen Paten China und Russland durch intensiv gepflegte „Drittnachbarschaften“ z.B. zu Japan und Deutschland auszubalancieren.

Gerhard Thiedemann ist der OAG seit seiner Zeit in Tokyo 2003-06 verbunden. Heute ist er deutscher Botschafter in Ulan Bator. Der Hamburger Jurist ist dort auf seinem vierten Asien-Posten engagiert. Ihn fasziniert besonders die Stellung der Mongolei als Solitär zwischen China/Ostasien und Russland/Europa, was der Lebenspraxis in der modernen Hauptstadt und den diplomatischen Aktivitäten einen besonderen Reiz vermittelt.