Mittwoch, 8. April 2015, 18:30–20:00 Dr. Daniel Schley: „Japans dionysische Kindheit. Einblicke in WaTsuji Tetsurōs frühe kulturgeschichtliche Studien und deren Berührungspunkte mit der deutschen Romantik“

WaTsuji Tetsurō (1889-1960) ist bis heute für seine ethischen und kulturphilosophischen Schriften über Japan hinaus bekannt. Besonders seine an Heidegger und Herder anknüpfenden Überlegungen zum Einfluss des Klimas auf die verschiedenen Kulturen bieten nicht nur eine anregende Lektüre, sie haben ebenso auf die theoretischen Diskussionen in Japan einen bleibenden Einfluss ausgeübt. Neben seinen Leistungen für eine kreative Verknüpfung europäischen und japanischen Denkens dürfen aber auch WaTsuji tendenziöse Äußerungen zur Einzigartigkeit der japanischen Kultur nicht ausgeblendet werden. Für seine Verteidigung des Tennō unmittelbar nach dem Pazifischen Krieg erregte er beispielsweise scharfe Kritik.

Weitaus weniger bekannt sind hingegen WaTsujis Veröffentlichungen aus der Zeit vor seinem Aufenthalt in Deutschland (1927-28) und seiner Auseinandersetzung mit der Philosophie Martin Heideggers. Zur Einführung in WaTsujis frühe Ansichten zu Kultur, Geschichte und Herrschaft eignet sich besonders seine Studie „Japans Kultur des Altertums“ (Nihon kodai bunka) von 1920. Sie bietet eine konzise Zusammenfassung von WaTsujis Auseinandersetzung mit der eigenen Kultur. Zugleich kann an diesem Werk seine spätere geistige Entwicklung verdeutlicht werden, da er sie bei mehreren Gelegenheiten überarbeitete, insbesondere für die dritte Ausgabe 1939.

In meinem Vortrag möchte ich vor allem auf WaTsujis Anleihen deutschsprachiger Philosophie der Romantik eingehen und auf Kontinuitäten wie Brüche in seinem Denken hinweisen. Dazu werde ich WaTsujis Interpretation des japanischen Königtums als Beispiel wählen.

Daniel Schley
ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Japan-Zentrum der LMU München. Er studierte bis 2007 in Hamburg Geschichte, Philosophie und Japanologie und promovierte 2013 am Japan-Zentrum der LMU München. Während seines Studiums absolvierte er mehrere Studienaufenthalte in Japan. Zuletzt am Historiographischen Institut der Tokyo Universität. Sein Forschungsinteresse gilt den vormodernen Lebenswelten und Vorstellungen, besonders des 12.-14. Jahrhunderts. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf den verschiedenen Varianten der Geschichtsschreibung. Parallel dazu beschäftigt er sich seit seiner Studienzeit mit den geistesgeschichtlichen Werken von WaTsuji Tetsurō.