Mittwoch, 13. Mai 2015, 18:30–20:00 Simon Essler: „Wertewandel in der Arbeitswelt? – Das Fallbeispiel einer Kamaboko-Fabrik in der Präfektur Fukui“

Aus einer Vielzahl von Untersuchungen geht hervor, dass in Japan derzeit ein Wertewandel in Bezug auf Arbeitszeit und Freizeit stattfindet. So zeigt eine alle fünf Jahre von NHK durchgeführte Untersuchung zur Lebensweise und Zeitverwendung der Japaner, dass im Durchschnitt die Arbeitszeit im gleichen Maße abnimmt, wie die Freizeit zunimmt und kommt zu dem Ergebnis, dass die individuelle Gestaltbarkeit der Zeit zugenommen hat und dass eine unumkehrbare Bewusstseinsveränderung hin zum Wunsch nach mehr Freizeit und deren Erfülltheit im Gang ist.

Doch wie wirkt sich dieser statistische Wertewandel konkret im inner- und außerbetrieblichen Kontext auf das Leben der Menschen aus? Welche Faktoren und Probleme stehen einem Wertewandel in der japanischen Peripherie möglicherweise im Weg?
Inwieweit muss heute das Bild vom japanischen Workaholic und den langen Arbeitszeiten, die teilweise bis zum Tod durch Überarbeitung führen, relativiert werden? Führt ein verändertes Freizeit-Bewusstsein dazu, dass sich Grauzonen zwischen Arbeitszeit und Freizeit, wie das halbinformelle regelmäßige Trinkengehen mit den Arbeitskollegen, allmählich auflösen?

Aber was hat der Wertewandel in der Arbeitswelt eigentlich mit „Fischwurst“ zu tun? Im Rahmen des Vortrags wird zunächst Kamaboko als traditionelles japanisches Nahrungsmittel vorgestellt und anschließend auf die Erfahrungen und Probleme bei der Feldforschung in einem japanischen Unternehmen in einer strukturschwachen Region eingegangen. Schließlich werden die Ergebnisse der Forschung vorgestellt und eine vorläufige Antwort auf die Frage gegeben, ob sich Japan gar auf dem Weg in eine „Freizeitgesellschaft“ befindet.

Simon Essler, M.A. promoviert im Fach „Modernes Japan“ an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und führte im Rahmen seines Dissertationsprojekts von Juni 2014 bis Mai 2015 eine Feldforschung in einem mittelständischen Betrieb in der Stadt Tsuruga, am japanischen Meer durch. Seine Forschungsinteressen sind u.a. soziale Aspekte von Zeit sowie Arbeitsbedingungen, Arbeitszeit(verkürzung) und Freizeit in Japan.