Mittwoch, 18. November 2015, 18:30–20:00 Annegret Bergmann: „Erfindet sich das Kabuki neu? Herausforderungen und Trends“

Ka-bu-ki, Gesang, Tanz und Schauspielkunst/Akrobatik, ist zu Beginn des 17. Jahrhunderts in einer Zeit großer politischer und gesellschaftlicher Umwälzungen und Freiräume als innovatives musikalisches Tanz- und Sprechtheater entstanden und hat sich trotz vehementer Unterdrückungsmaßnahmen seitens der Herrschenden in der streng nach neo-konfuzianistischer Weltanschauung geregelten Ständegesellschaft der Edo-Zeit (1603-1868) als feste kulturelle Größe etabliert. Mit der Öffnung Japans 1868 sah sich auch das Kabuki neuen Anforderungen ausgesetzt. Die Gesellschaft, dessen Gegenwartstheater es fast drei Jahrhunderte gewesen war, begann im Zuge der Modernisierung und Verwestlichung zu verschwinden.

Doch mutige Vertreter ihrer Zunft modernisierten das Kabuki, traten in westlicher Kleidung auf und zeigten aktuelle Themen oder westliche Stücke in Kabuki-Version auf den nun auch in der Innenstadt erlaubten Theaterbühnen. Diese Bemühungen waren von mehr oder weniger Erfolg gekrönt, haben aber dazu geführt, dass sich das Kabuki sowohl in seiner traditionellen Spielform, wie in einer modernisierten dem „neuen Kabuki“ Shin-Kabuki bis zum Zweiten Weltkrieg erhalten hat.

Die Nachkriegszeit war turbulent, doch dank des Theaterunternehmens Shōchiku, welches das Monopol auf diese Theaterform schon seit den 1930er Jahren besitzt, denn zu dem Konzern gehören alle Kabuki-Theater (außer dem Nationaltheater) und -schauspieler, wurde nicht nur das im Krieg stark beschädigte Kabukiza wiederaufgebaut, sondern das Genre überlebte inmitten der Amerikanisierung der Gesellschaft, auch als große Stars die Bühne zugunsten des Films verlassen hatten.

In den letzten Jahren hat das Kabuki wieder viele große Stars wie Ichikawa Danjūrō XII. (1946-2013), Nakamura Kanzaburō XVIII. (1955-2013) und Bandō Mitsugorō X. (1956-2015) verloren. Doch es geht wieder neue Wege, wie die Programme der letzten Jahre zeigen. Dies ist natürlich nichts Außergewöhnliches, hat dieses Theater doch schon immer von innovativem Schauspielgeist gelebt. In dem Vortrag möchte ich Ihnen solche Querdenker aus der Geschichte und Gegenwart des Kabuki vorstellen.

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Ennosuke III. in Kokusenya kassen. Die Schlachten des Kokusenya

Annegret Bergmann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl der Ostasiatischen Kunstgeschichte, Freie Universität Berlin und studierte an der Sophia Universität, der Universität Bonn und der Waseda Universität. Ihr Hauptinteresse gilt dem japanischen Kabuki-Theater, der japanischen Kulturpolitik sowie der Visualisierung des Theaters in der japanischen Kunst. Letzte Veröffentlichungen: „Die achtzehn Stücke des Kabuki. Ein Holzschnitt-Album im Museum für Asiatische Kunst, Berlin“, Ostasiatische Zeitschrift, Neue Serie, Frühjahr 2014. „Erhalt und Überlieferung von Tradition – Die Meister-Schüler-Beziehung im Kabuki“, in: Lee-Kalisch et al. Meister und Schüler. Master and Disciple: Tradition, Transfer, Transformation (im Druck).