Mittwoch, 24. November 2021, 18:30–20:00 Dr. Iris Haukamp: „Basierend auf wahren Begebenheiten: Richard Angst und seine Filmarbeit in Japan (1937-1938)“

Richard Angsts erste Begegnung mit Japan war im Zuge seiner Arbeit als Chefkameramann in Arnold Fancks „abendfüllendem Kulturspielfilm“ Die Tochter des Samurai (Atarashiki tsuchi, 1937). Diese umstrittene deutsch-japanische Koproduktion fand im Kontext der politischen Annäherung beider Länder zur „Achse“ statt, und sowohl der politische als auch der ideologische Zeitgeist spielten eine Rolle in der Produktionsgeschichte als auch im Film selber. Aber auch die persönlichen und beruflichen Hintergründe und Ambitionen der Beteiligten hatten großen Einfluss.

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Filmwerbung in Japan Das heilige Ziel (1938)

Im Gegensatz zu Regisseur Fanck wurde Richard Angst bald wieder nach Japan eingeladen, um weitere Filme im und für das Gastland zu drehen. Sein zweiter Aufenthalt war geprägt vom Kriegsausbruch zwischen China und Japan, der Außenpolitik Deutschlands, aber auch künstlerischen und persönlichen Freiheiten. In diesem Vortrag stelle ich seine beiden fertiggestellten Filme, Das Heilige Ziel (Kokumin no chikai, 1938) und Das Lied der Kameraden (Senyū no uta, 1938) vor, die, so unterschiedlich sie inhaltlich und stilistisch sind, interessanterweise beide beanspruchen, auf wahren — ideologisch relevanten — Begebenheiten zu beruhen.

Neben der Produktionsgeschichte dieser beiden relativ unbekannten, weil untergegangenen Filme interessiert mich die Funktion dieses Anspruches an die Wirklichkeit. Angst (Shinpai-san) wurde in Japan hochgelobt für die Qualität seiner Aufnahmen, auch ein Grund für die Wiedereinladung. Die möglichst scharfe Aufnahme und Wiedergabe von Mensch und Landschaft war Angsts Spezialität, die er sich in seinem beruflichen Werdegang in Fancks Berg- und Sportfilm GmbH, in diversen Dokumentarfilmen und mit dem technischen Knowhow der „Freiburger Filmschule“ angeeignet hatte. Das „wirkliche Japan“, sichtbar gemacht durch die Kameraarbeit des bekannten Deutsch-Schweizers, war eines der erklärten Ziele seiner Arbeiten in Japan, aber wessen Wirklichkeit und warum und für wen?

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Filmposter Das heilige Ziel (1938)

Iris Haukamp lehrt und forscht seit 2015 über japanischen Film an der Tokyo University of Foreign Studies (TUFS). Ihr Buch A Foreigner’s Cinematic Dream of Japan: Representation Politics and Shadows of War in the German-Japanese Coproduction New Earth (1937), erschienen 2020 bei Bloomsbury Academic, beleuchtet die Hintergründe des damaligen Megaprojekts für die japanische Filmindustrie. Sie ist besonders interessiert an der Filmgeschichte der dreißiger bis fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts und dem Entdecken unbekannter oder schlichtweg seltsamer Filme oder Filmelemente im weitesten Sinne, weshalb sie sich auch sehr über die Schuhplattlerszene in Das Heilige Ziel gefreut hat.


Zoom-Link
Wann? Mittwoch, 24. November 2021 (Beginn: 18.30 Uhr /Japan; 10.30 Uhr/Germany)

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