Vorträge
Mittwoch, 6. Dezember 2023, 18:30–20:00 Uwe Makino: „Die Ochotsk-Kultur (500-1000+). Leben und Riten einer rätselhaften maritimen Volksgruppe“
1913 begann mit der Entdeckung des Moyoro-Muschelhaufens in Abashiri (Hokkaidō) die eigentliche Erforschung der Ochotsk-Kultur. Alles war neu und fremdartig! Die Keramik hatte mit den Gefäßen der japanischen Bandkeramik wenig zu tun, auch die Gräber waren sonderbar, nur der ausgeprägte Bärenkult erinnerte an die Kultur der Ainu. Wie kamen diese Menschen nach Hokkaidō, und warum kann man ihre Kultur nach dem 11. Jahrhundert nur noch in Mischformen und dann gar nicht mehr nachweisen?
Ihr Nahrungserwerb wird genauso zur Sprache kommen wie die Hausformen und die weitreichenden Handelsbeziehungen, die sich nicht zuletzt an den Grabbeigaben zeigen. Sie waren Fischer, sie züchteten Schweine und Hunde, aber vor allem machten sie Jagd auf Land- und Meeressäugetiere, allen voran Bären und Wale. Das rituelle Leben drehte sich um das „Abschicken“ von Beutetieren, was sich in Knochenhaufen in den Häusern manifestiert. Selbst Häuser wurden vermutlich „abgeschickt“ (rituell verbrannt).
Frauenfigurinen deutet die Forschung als Göttinnen, Schamaninnen oder Mittlerinnen zu den Gottheiten der Berge und des Meeres, Bindungen an den sibirischen Schamanismus sind wahrscheinlich, ansonsten bleiben auch bei diesem Thema viele Fragen offen.
Der Vortrag versteht sich als Einführung in eine faszinierende alte Kultur, die auch in Japan kaum bekannt ist.
Uwe Makino lebt seit 1990 in Japan und lehrt Deutsch als Fremdsprache an der Chūō-Universität (Tokyo).
Publikationen u.a. zu Kriegsverbrechen (Nanking) und zu den Ainu. Seit einigen Jahren forscht er zur Ochotsk-Kultur und zur Jōmon-Kultur im Norden Japans.
Auswahlbibliographie zur Ochotsk-Kultur