Mittwoch, 10. Januar 2024, 18:30–20:00 Dr. Suin Roberts: „Essen und Identität — Koreanische Migrationsgeschichte in Deutschland“

Dr. Suin Roberts spricht in ihrem einstündigen Vortrag über die koreanische Migration nach Deutschland. In den 1960ern und 1970ern kamen ca. 4.000 koreanische Männer und 10.000 Frauen als sogenannte Gastarbeiter via eines bilateralen Vertrages nach Deutschland. Die Frauen waren ausgebildete Krankenschwestern und die Männer wurden im Bergbau eingesetzt. Die Medien begrüβten die Frauen als „gelbe Engel aus dem Osten“, während die Männer im allgemeinen Medienrummel untergingen.

Mutti Krankenschwesterfoto

Suin Roberts beleuchtet die beschwerliche Anfangszeit der Koreaner, insbesondere was die Essgewohnheiten und den deutschen Spracherwerb anbelangt. Die erste Generation kämpfte mit wortwörtlicher Sprachlosigkeit, Sehnsucht nach der Heimat und dem heimischen Essen. Versuche, koreanische Rezepte, wie Kimchi, mit deutschen Zutaten zuzubereiten, schlugen oft fehl oder wurden von deutschen Kollegen wegen des fremden Geruchs kritisiert. Dennoch hielten die Koreaner an ihren Essensgewohnheiten, so weit es möglich war, fest, weil es Teil ihrer Identität war.

koreanische Essen

Die zweite Generation hingegen hatte (und hat) ein eher flexibles Verhältnis zum koreanischen Essen. Koreanisches und deutsches Essen und deren Fusionen, spielen eine gleichwertige Rolle, mit dem Unterschied, dass das koreanische Essen oft als Identitätskennzeichen des Koreanischseins verstanden wird. Es ist für die zweite Generation von Immigranten im Allgemeinen nicht ungewöhnlich, die Muttersprache der Eltern zu verlieren oder nur teilweise zu beherrschen. Die Frage stellt sich dann, was die zweite Generation ausmacht, wenn sie auβer dem koreanischen/asiatischen Aussehen scheinbar nichts „Koreanisches“ mehr vorzeigen können. Viele kennen Korea tatsächlich nur aus den Erzählungen der Eltern und nicht aus eigenen Erfahrungen. Die Kenntnis des koreanischen Essens inklusive der Speisenbezeichnungen im Koreanischen und die Vorliebe dafür bleibt der zweiten Generation jedoch erhalten.

Während koreanisches Essen ein fester Bestandteil der Identität der ersten Generation war, die sich auch hauptsächlich als koreanisch sah, ist es für die zweite Generation eine bewusste Wahl. Sie entscheiden sich bewusst für eine deutsch-koreanische Identität, die sich explizit in ihren Essensgewohnheiten ausdrückt.

Suin Roberts wurde 1977 in Hilden (NRW) geboren. Studium der Germanistik an der Heinrich-Heine Universität in Düsseldorf und Promotion an der University of California, Berkeley. Sie ist Associate Professor of German an der Purdue University, Fort Wayne. Ihre Forschungsinteressen und –publikationen umfassen die koreanische Migration nach Deutschland und in die USA.

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