Mittwoch, 28. Januar 2015, 18:30–20:00 Dr. Christian Spang: „Karl Haushofers Einfluss in Deutschland und Japan. Vom bayerischen Militärbeobachter zum geopolitischen Ratgeber“

Prof. Dr. Karl E. Haushofer, Generalmajor a.D. (1869-1946) stammte aus großbürgerlich-akademischen Verhältnissen.
Er ist als „Vater der deutschen Geopolitik“ sowie aufgrund seiner Freundschaft mit Rudolf Heß und seines (häufig überschätzten) Einflusses auf Adolf Hitlers „Lebensraum“- und Japan-Vorstellungen bekannt.
Im Rahmen dieses Vortrags werden Haushofers Leben, sein „Netzwerk“ sowie seine außenpolitischen Vorstellungen behandelt.

Ausgangspunkt für Haushofers z.T. hochrangige Kontakte war sein Aufenthalt als erster bayerischer Militärbeobachter in Japan 1909/10. Nach seiner Rückkehr pflegte der von seinem ehemaligen Gastland faszinierte Haushofer seine Verbindungen dorthin. Der Erste Weltkrieg bescherte dem bei Kriegsausbruch bereits 45-Jährigen zum Ende seiner Militärzeit eine Blitzkarriere vom Major (1909-14) zum Generalmajor (1919). Anschließend lehrte er von 1919 bis 1939 Geographie und Geopolitik an der Ludwig-Maximilians-Universität München und etablierte intensive Kontakte zu Mitgliedern der japanischen Botschaft in Berlin. Auch mit vielen deutschen und japanischen Geographen und anderen Wissenschaftlern pflegte er einen regen Gedankenaustausch. Haushofer galt sowohl in Deutschland als auch in Japan als einer der besten zeitgenössischen Japankenner. Sein Name und seine Ideen waren in Diplomaten- und Politikerkreisen in Berlin ebenso wie in Tokyo bekannt.

Da in den 1930er Jahren viele seiner Bücher nach Japan gelangten und die wichtigsten seiner Werke in der Phase des Japanisch-Chinesischen Krieges (1937-45) ins Japanische übersetzt wurden, ist es nicht überraschend, dass seine Vorstellungen bei der Herausbildung der japanischen Geopolitik ebenso eine Rolle spielten wie bei der (pseudo-)wissenschaftlichen Rechtfertigung der japanischen Idee einer Großostasiatischen Wohlstandssphäre.

Nach 1933 engagierte Haushofer sich als Kontaktvermittler zwischen NS-Regierung und offiziellen japanischen Vertretern. Wäre es auf der Basis des Antikominternpaktes (1936) und des späteren Dreimächtepaktes (1940) tatsächlich zu einer Assoziierung der UdSSR an die Achsenmächte Deutschland, Italien und Japan gekommen, hätte dies die Vollendung Haushofer‘scher Kontinentalblockvorstellungen bedeutet. Angesichts solcher an geopolitischen Theorien ausgerichteten Koalitionsoptionen ist es nicht verwunderlich, dass Haushofer während des Zweiten Weltkrieges in der angelsächsischen ebenso wie der japanischen Propaganda als die graue Eminenz der NS-Außenpolitik dargestellt wurde.
Dass weder Hitlers rassistische Ziele noch die Vorstellungen vieler japanischer Militärs und Außenpolitiker mit Haushofers Ideen kompatibel waren, ändert nichts an der zeitweiligen Kongruenz, die z.T. auch agitatorisch ausgenützt wurde. Ohne den tatsächlichen Charakter der deutsch-japanischen Beziehungen zu durchschauen, spielte Haushofer nach dem Ersten Weltkrieg auf kulturpolitischer und kommunikativer Ebene eine wichtige Rolle.

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Christian W. Spang, Associate Professor an der Daitō Bunka Universität. Forschungsinteressen: deutsch-japanische Beziehungen, Geschichte der Geopolitik. 2001-04 Vorstandsmitglied der OAG. Seit 2003 Leiter des Ausschusses/Arbeitskreises für die Geschichte der OAG. Als Ergebnis dieser Arbeit erscheint 2015 die Geschichte der OAG 1873-1979 (in Kooperation mit S. Saaler & R.-H. Wippich).
Ein Publikationsverzeichnis ist hier zu finden. Darunter der Sammelband Japanese-German Relations 1895-1945 (mit R.-H. Wippich, Routledge, 2006), die Monographie Karl Haushofer und Japan (Iudicium, 2013) sowie das OAG-Taschenbuch Nr. 98 Heinz Altschul: As I recall these memories … (mit Nikola Herwig & THomas Pekar, 2014).

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