Mittwoch, 26. Oktober 2016, 18:30–20:00 Ass.-Prof. Sebastian Maslow: „Denkfabriken, Wissensnetzwerke und die Beeinflussung der Politik in Japan“

Im politischen System Japans hat die Dominanz der Bürokratie die Rolle externer Politikberatung lange begrenzt. Erst mit der Umsetzung politischer Reformen in den 1990er Jahren sollten Denkfabriken und Wissensnetzwerke als relevante Akteure in der japanischen Politik an Bedeutung gewinnen. Im Wettbewerb um Wählerstimmen setzen Parteien zunehmend auf externe Politikberatung. In Japan wird die Nachfrage nach innovativen Reformideen durch einen rapiden demographischen Wandel und eine anhaltende Krise der Wirtschaft verstärkt. Als Teil komplexer Wissensnetzwerke beteiligen sich Denkfabriken, Universitäten und staatliche Forschungsinstitute aktiv an der Ausarbeitung und Evaluierung politischer, sozialer und wirtschaftlicher Reformen. Die Politikwissenschaft hat vor allem den Einfluss von Ideen und deren Trägern in Form von Wissensnetzwerken auf politische Reformprozesse im Kontext angelsächsischer und westeuropäischer Staaten analysiert. Das Beispiel Japan hat in diesem neuen Forschungsfeld bisher wenig Beachtung gefunden. Der Vortrag macht es sich daher zur Aufgabe, die Rolle von Denkfabriken und Wissensnetzwerken in Japan zu beleuchten.

Hierbei wird zunächst ein Überblick über die Entwicklung von Politikberatung in Japan gegeben. Im Fokus steht die Rolle von Think Tanks sowie die Frage nach den Mechanismen, über die Einfluss externer Politikberatung in Japan reguliert wird. Als Teil eines andauernden Forschungsprojektes zur Rolle externer Politikberatung in Japan bedient sich der Vortrag zweier Fallstudien, konkret 1) die Debatte zur Revision der japanischen Sicherheitspolitik mit dem Ziel einer aktiven Rolle der japanischen Selbstverteidigungskräfte in der internationalen Politik, und 2) die aktuelle „Abenomics“ Agenda zur Reform der japanischen Wirtschaft. Beide Fallstudien beziehen sich auf den Zeitraum 2013-2015 und damit auf die von Abe Shinzō geführte Regierungskoalition.

Sebastian Maslow ist seit 2014 Assistenzprofessor für Politikwissenschaft an der juristischen Fakultät der Tōhoku Universität in Sendai. Zuvor war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Ostasienwissenschaften der Universität Heidelberg. Seine Forschung beschäftigt sich mit institutionellen Wandlungsprozessen in der japanischen Außen- und Sicherheitspolitik, sowie mit der Rolle von Denkfabriken in der japanischen Politik. Er ist u.a. Mitherausgeber des 2015 erschienenen Bandes Risk State: Japan’s Foreign Policy in an Age of Uncertainty.