Mittwoch, 7. Dezember 2016, 18:30–20:00 Ludgera Lewerich: „Altersdemenz in Japan – Fürsorge zwischen Familie, Pflegeeinrichtung und lokaler Gemeinschaft“

In Japan sehen sich aufgrund der hohen Lebenserwartung immer mehr Familien mit der Frage nach der richtigen Versorgung pflegebedürftiger und besonders demenziell erkrankter Angehöriger konfrontiert. Die Übernahme der Pflege rein durch die Familie ist heutzutage aus vielen Gründen oft schwierig zu bewältigen und stellt zudem eine hohe körperliche und psychische Belastung dar. Auch Pflegeeinrichtungen sind mit der Versorgung von Demenzkranken mit stark ausgeprägten Symptomen oft überfordert. Die Frage nach der angemessenen Versorgung demenziell Erkrankter ist daher zu einem zentralen Thema in der Debatte um das ‚Pflegeproblem‘ der japanischen Gesellschaft geworden. Als mögliche Lösung wird immer mehr der Einbezug lokaler Gemeinschaften in die Betreuung Demenzkranker gesehen. Hierin sieht man die Möglichkeit, Demenzerkrankte möglichst lange und selbstbestimmt in ihrem vertrauten, lokalen Umfeld zu betreuen. Familie, Pflegepersonal, Ärzte und lokale Gemeinschaft sollen gemeinsam zu einer würdevollen und selbstbestimmungserhaltenen Pflege beitragen.

Das Altenheim Yoriai in Fukuoka kann als Vorbild für die Pflege im lokalen Kontext betrachtet werden. Auf private Initiative einiger AltenpflegerInnen hin wurde es 1991 als auf Demenz spezialisierte Einrichtung gegründet und verteilt sich heute auf drei Häuser in Fukuoka. Im Rahmen eines Forschungsprojektes konnte ich dort im Jahr 2014 Interviews führen und vor Ort den Pflegealltag miterleben und beobachten. Am Beispiel dieser Einrichtung werde ich mich in meinem Vortrag mit der Versorgung Demenzkranker zwischen Familie, Pflegeeinrichtung und lokaler Gemeinschaft beschäftigen. Dabei werde ich unter anderem auf das besondere Pflegekonzept der Einrichtung, die Beziehung zwischen Angehörigen und Pflegepersonal und den Einbezug der lokalen Gemeinschaft eingehen.

Ludgera Lewerich studierte Japanologie und Kunstgeschichte in Tübingen und Düsseldorf, sowie an der Doshisha-Universität in Kyoto und der Universität Osaka. Seit 2014 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Institut für Modernes Japan der Universität Düsseldorf und derzeit als Stipendiatin am Deutschen Instituts für Japanstudien (DIJ) in Tokyo. Momentan forscht sie für ihre Dissertationsprojekt zu Lebensentwürfen junger Stadt-Land-Migranten (I-turner) in den japanischen Regionen.