Mittwoch, 11. Juni 2014, 18:30–20:00 Prof. Dr. Sven Saaler: „Deutschland und Japan im Ersten Weltkrieg“

Prof. Dr. Sven Saaler: „Deutschland und Japan im Ersten Weltkrieg“

Ein kurzer, ritterlicher Kampf um die deutsche Kolonie Tsingtao und dann “Friede, Freude, Eierkuchen” ‒ das ist ein weit verbreitetes Bild der deutsch-japanischen Beziehungen im Ersten Weltkrieg. Nach anfänglichen Missstimmungen und anti-japanischer Propaganda im Reich kam es schon während des Krieges zu Sondierungen bezüglich eines deutsch-japanischen Sonderfriedens. Die deutschen Kriegsgefangenen in Japan wurden gut behandelt und sangen für ihre “Gastgeber” Beethovens “Ode an die Freude.” Einige von ihnen waren so begeistert von ihrer neuen Heimat, dass sie auch nach dem Krieg in Japan blieben und begannen, Kuchen zu backen. Und selbst die OAG, eine Vereinigung von Deutschen in “Feindesland”, blieb von den japanischen Behörden weitgehend unbehelligt ‒ sie wurde nicht aufgelöst und die Aktivitäten der Gesellschaft wurden eher durch den Exodus der deutschen Gemeinde in Japan behindert.

Von der Forschung bisher kaum untersucht sind aber die vielfältigen Diskussionen in Japans Politik, Gesellschaft und Medien über Deutschlands Verhalten im Krieg, Deutschlands Zukunft und das zukünftige Verhältnis Deutschlands zu Japan. In diesem Vortrag soll das Deutschlandbild in verschiedenen Gruppen in Japans Politik und Gesellschaft vorgestellt werden. Es wird zu zeigen sein, dass es eine breite Bandbreite von Meinungen zu Deutschland gab, die von Bewunderung bis zu Verachtung reichte. Bewunderung der militärischen Stärke Deutschlands führten zu Forderungen nach einem Bündnis mit Deutschland noch während des Krieges, gleichzeitig aber auch zu Ängsten vor einem deutschen Angriff auf Japan. Kritik am deutschen Vorgehen z.B. im neutralen Belgien führte allerdings auch zur Verurteilung des “deutschen Militarismus,” der von japanischen Liberalen als Hauptursache des Krieges defniert wurde.

Die Abbildung zeigt imaginäre Kämpfe zwischen deutschen und japanischen Truppen in Sibirien (Japanische Lithographie aus der Serie Illustrierte Nachrichten von der Expedition zur Rettung Russlands und Unterdrückung Deutschlands, 1918).
Einige der Lithographien diese Serie und andere Zeitdokumente werden beim Vortrag ausgelegt werden.

Dr. Sven Saaler ist Associate Professor für Moderne Japanische Geschichte an der Sophia-Universität in Tokyo und OAG-Vorstandsmitglied. Publikationen: Japanische Impressionen eines Kaiserlichen Gesandten. Karl von Eisendecher im Japan der Meiji-Zeit (Iudicium 2007, Co-Autor), Pan-Asianism in Modern Japanese History (Routledge, 2007, Mit-Herausgeber), The Power of Memory in Modern Japan (Global Oriental, 2008, Mit-Herausgeber), Pan-Asianism. A Documentary History (2 vols., Rowman & Littlefield, 2011, Mit-Herausgeber), Unter den Augen des Preußen-Adlers. Lithographien, Zeichnungen und Photographien der Teilnehmer der Eulenburg-Expedition in Japan, 1860-61 (2011, Mit-Herausgeber)