Mittwoch, 10. April 2024, 18:30–20:00 Gesprächsabend mit Freya Eckhardt: „Sieben Jahre Kindheit in Kobe, Chigasaki und Hakone. Durch fünf Generationen mit Japan verbunden“ Moderation: Mechthild Duppel

Nur wenige Deutsche dürften eine so komplexe und über mehrere Generationen mit Japan verwobene Familiengeschichte vorweisen können wie Freya Eckhardt.

Väterlicherseits ist Großvater Gustav Selig Sen. (*1876 in Dielingen/NRW, †1938 in Yokohama) zu nennen, der von seinem Onkel Ferdinand Dankwerts, Mitbegründer der Fa. Jacob Winckler & Co, nach Japan berufen wurde und in der Firma bis zum Teilhaber aufstieg. Aus der 1907 geschlossenen Ehe mit Sophie Selig (geb. Dempwolff) gingen zwei Söhne hervor, Hans (*1910 in Yokohama, †1992 in Kobe, =Freyas Vater) und Gustav Selig jun. (*1912 in Yokohama, †1992 in München), die beide nach dem Zweiten Weltkrieg die Fa. Jacob Winckler bis zu ihrem Tode fortführten.

Mütterlicherseits geht die Beziehung von Freya Eckhardt mit Ostasien und Japan zurück auf ihre Großeltern Erich (*1877) und Erna Lenz (*1887). Der Großvater war zunächst als Angestellter der Deutsch-Asiatischen Bank von 1902 bis 1905 in Shanghai, ab 1907 in Hongkong, dann ab 1913 Bankdirektor in Tientsin und von 1914 bis 1920 in Kobe. In Tientsin wurde die Tochter (=Freyas Mutter) Rose Lenz geboren.

Die Familien Selig und Lenz lernten sich in Kobe kennen, 1939 heirateten Hans Selig und Rose Lenz in Yokohama, 1940 wurde Freya Selig (verh. Eckhardt) in Kobe geboren.

Freyas Schwiegervater, Ernst Eckhardt (1897-1964), kam 1930 mit seiner Ehefrau Ruth (*1904, geb. Kritzler) für die Firma Illies & Co. nach Japan. 1934 wurde der Sohn (und spätere Ehemann Freyas) Ernst-Dietrich Eckhardt in Karuizawa geboren.
1947 wurden Teile der Familien mit der „General Black“ repatriiert. Sophie Selig und Sohn Gustav mit Ehefrau Helga konnten hingegen in Japan verbleiben.
1953 gingen Hans Selig und Ernst Eckhardt für ihre Firmen wieder nach Japan, wo Ernst bis 1963 Präsident der Fa. Illies in Tokyo war. Aufgrund ihrer Scheidung blieb Rose Selig mit ihrer Tochter Freya in Deutschland. Ruth Eckhardt blieb wegen des Studiums des Sohnes ebenfalls in Deutschland. 1966 heirateten Ernst Dietrich und Freya Eckhardt in Hamburg.

„Meine Geburtsheimat ist und bleibt emotional Japan, auch wenn sich mein Leben größtenteils in Deutschland, meiner zweiten Heimat abgespielt hat. 1940, im ersten Kriegsjahr, in Kobe geboren, zogen meine Eltern schon 1941 nach Chigasaki, ins Sommerhaus meiner Großmutter Sophie Selig, da mein Vater eine Stellung bei der Fa. Leybold in Tokyo angenommen hatte. Dort erlebte ich, behütet von Eltern, meiner Ahma und mit japanischen Freundinnen prägende Kinderjahre.

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Einschulungsfoto von Freya Eckhardt am 03.09.1946 in Hakone
Hakone Hotel
Hakone Hotel, in dem die deutschen Marinesoldaten untergebracht wurden, nachdem ihre Schiffe explodiert waren.
Im Obergeschoss war das Not-Klassenzimmer.

Der Krieg machte 1944 wegen zunehmender Bombenangriffe einen Umzug nach Hakone erforderlich. Dort fand ich erstmals deutsche Kinder zum Spielen, hatte parallel wieder japanische Freundinnen, mit denen ich häufig bei einem Tempel spielte. Dadurch sprach ich gut Japanisch und hatte öfter mal als „Dolmetscherin“ zu fungieren, denn die meisten deutschen Kinder hatten keine Kontakte mit japanischen Kindern.

Durch unserer Repatriierung 1947 endete meine geborgene Kindheit in Japan. Die Trennung meiner Eltern zerstörte endgültig die Möglichkeit für mich, wieder in Japan zu leben. Es blieb die Sehnsucht, aber auch die Möglichkeit als Erwachsene, den Vater und die noch heute in Japan lebenden Verwandten zu besuchen.“

Im Gespräch mit Mechthild Duppel wird Freya Eckhardt (geb. Selig) in Worten und Bildern Einblicke in ihre Familiengeschichte und ihre Kindheitserfahrungen geben.

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