Mittwoch, 28. Oktober 2015, 18:29–19:59 Uwe Makino: „Der Konsul und die Professoren – Zur Plünderung von Ainu-Gräbern zwischen 1865 und 1972“

Im September 2012 verklagten drei Ainu die Hokkaidō-Universität auf Rückgabe der Gebeine ihrer Vorfahren, die aus Gräbern gestohlen worden waren.
Im Oktober 1865 beginnt die Geschichte des Grabraubs unweit der Hafenstadt Hakodate; bis 1972 wird diese Praxis auf Hokkaidō fortgesetzt. Über 1.600 Gebeine der Ainu lagern noch heute in japanischen Universitäten, aber auch in London, St. Petersburg und Berlin war das Interesse an Ainu-Gebeinen groß.
Der Vortrag benennt die Verantwortlichen und ihre Helfer in staatlichen Stellen und skizziert den wissenschaftlichen Diskurs seit dem späten 18. Jahrhundert. Wir sehen eine Physische Anthropologie in selbstinduzierter Torschlusspanik angesichts der „sterbenden Rasse“ der Ainu.
Ein Nebenaspekt des durch anthropologische Forschung legitimierten Grabraubs sind die mitunter wertvollen Beigaben, die in der Regel nicht verschmäht wurden. Sammlungen in Japan wie in Europa enthalten also einen bestimmten Prozentsatz von Waffen und Schmuck, die ursprünglich aus Gräbern der Ainu stammen.

Shinetoku, aus: Koganei 1894 Gedenkstein von 1867 auf dem Friedhof von Yakumo (Hokkaidō)

Uwe Makino lebt seit 1990 in Japan und lehrt Deutsch als Fremdsprache an der Chūō- Universität (Tokyo). Publikationen u.a. zu Kriegsverbrechen (Nanking), zum Genozid in der Literatur und zur Leugnung des Holocaust in Japan. Er arbeitet seit einigen Jahren zu den Ainu und hat gerade sein neues Buch: Die Ainu – Begegnung mit den japanischen Ureinwohnern publiziert.