Mittwoch, 12. Juni 2024, 18:30–20:00 Andreas Riessland: „Tango no sekku – Portrait eines Feiertags“

Im Lauf seiner langen Geschichte hat der Feiertag, den wir heute als den Tag der Kinder kennen, mehrere tiefgreifende Wandlungsprozesse durchlaufen.

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Von seinen Ursprüngen aus den jahreszeitlichen Schutz- und Reinigungsritualen des bäuerlichen Umfelds heraus veränderte er sich unter dem Einfluss des chinesischen Kulturraums, dessen Bräuche und Vorstellungen sich von der höfischen Gesellschaft aus im Land verbreiteten, bevor ihn anschließend der Kriegeradel vereinnahmte und den eigenen Bedürfnissen und Vorstellungen anpasste. In der urbanen Gesellschaft der Edo-Periode wandelte sich der Charakter des Festtags erneut, unterlag dann vom ausgehenden 19. Jahrhundert an in zunehmendem Maß den damals erwachsenden mächtigen nationalen und imperialen Geistesströmungen, bis er unter dem Einfluss der Nachkriegspolitik ein weiteres Mal grundlegend neu definiert wurde.

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Tango no sekku Feierlichkeiten um die mittlere Edo-Periode.
Quelle: Nenchū Gyōji Taisei, im Bestand der Nationalen Parlamentsbibliothek

Heute begegnet uns dieser Festtag als ein Amalgam all dieser Manifestationen. Denn jede von ihnen hat in den Charakteristika dieses Tags, so wie er heute begangen wird, ihre Spuren hinterlassen. Einige dieser Spuren lassen sich über mehr als tausend Jahre zurückverfolgen, andere, die auf den ersten Blick ebenfalls von langer Tradition zu sprechen scheinen. sind überraschend jung. Bei einigen der Festtagsbräuche ist bis heute viel ihres originalen Charakters erkennbar, während andere sich sich inhaltlich weit von ihren Ursprüngen entfernt und einen neuen, grundsätzlich anderen Sinn angenommen haben oder inzwischen ohne jeden tieferen Sinnbezug auftreten, rein auf ihren dekorativen Wert reduziert.

Dieser Vortrag will die Charakteristika dieses Tags in ihrer heutigen Form vorstellen und ihrer Entstehung aus der wechselhaften Geschichte dieses Tags heraus nachgehen. Damit soll das vielschichtige kulturelle Erbe beleuchtet werden, das diesen Tag bis heute auszeichnet. Dabei sollen auch einige der Theorien vorgestellt werden, die heute zu den Bräuchen dieses Tags im Umlauf sind, und abschließend mit dem Publikum diskutiert werden, inwieweit wir bereit sind, diesen teils sehr eigenen Interpretationen zu folgen.

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Dekorationen für die tango no sekku Feier im Straßenbild von Edo.
Quelle: Tōtō Saijiki, Band 3, im Bestand der Nationalen Parlamentsbibliothek

Andreas Riessland, Japanologe und Anthropologe, ist Associate Professor an der Deutschen Abteilung der Nanzan-Universität in Nagoya. Wissenschaftlich setzt er sich mit dem ideologischen Zusammenspiel von Traditionsdenken, Ästhetik und Nationalismus auseinander und mit deren Manifestationen in Japans Gegenwartgesellschaft, von Produktwerbung, Naturwahrnehmung und der Politisierung des Ästhetikbegriffs bis hin zur Symbolsprache der bōsōzoku.

SOMMERZEIT!!
Zeit: 18.30-20.00 Uhr (Japan), 11.30-13.00 Uhr (MESZ)
Zoom-Link: https://us02web.zoom.us/j/81026356787?pwd=UUczZGFxRmpUbkJVeFhkRjlaWnF6QT09
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