Vorträge
Mittwoch, 21. September 2016, 18:30–20:00 Helmut Morsbach: „Ami, DON’T go home?! ‒ Kulturelle Aspekte der amerikanischen Besatzung von Japan nach 1945, aus Sicht von Donald Richie“
Vor 71 Jahren (fast einem ganzen Lebensalter!) wurde ganz Japan über sieben Jahre lang von den siegreichen Amerikanern besetzt und streng verwaltet. Über diese umwälzende Nachkriegszeit 1945-1952 ist schon viel veröffentlicht worden, vor allem über die wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Aspekte. Dieser Vortrag (mit Lichtbildern) konzentriert sich hingegen auf allgemeine Ansichten und Handlungen, welche einerseits die geschlagene japanische Bevölkerung und anderseits die unerwartet schnell siegreiche amerikanische Besatzungsmacht hatten.
Einige relativ unabhängige Schriftsteller und Fotografen aus westlicher Seite berichteten darüber. Ein französischer Zeitzeuge (Robert Guillain 1908-1998) erlebte z.B. im März 1945 einen amerikanischen Bombenangriff auf Tokyo sowie die zwei Wochen zwischen Kapitulation und Eintreffen der Besatzungstruppen hautnah mit. Weiterhin lebte mein Freund Donald Richie (1924-2013, Foto) ab 1947 bis zu seinem Tod in Tokyo, wo er zunächst als Berichterstatter für die amerikanische Soldatenzeitschrift „Stars and Stripes“ schrieb, bis er sich selbstständig machte und jahrelang u.a. für die „Japan Times“ arbeitete. 1956 verfasste er u.a. den sehr kritischen Besatzungsroman Where are the Victors?
Da ich 1945 als Achtjähriger das deutsche Kriegsende durch die britische Besetzung von Hamburg und Umgebung miterlebte, werde ich aus meiner Sicht versuchen, wichtige Aspekte dieser Zeit in Japan wiederaufleben zu lassen, z.B:
- Japanische-amerikanische Einstellungen in der Zeit vor Kriegsbeginn 1941 und dann während des äußerst brutalen Krieges, der über drei Jahre dauerte;
- Zerstörungen in Japan, vor allem in Tokyo, durch fast pausenlose Bomba dierung ab Anfang 1945; Das Leben der meisten Japaner in der Kriegszeit, und dann während der über sieben Jahre langen Besatzungszeit;
- Wichtige Aspekte der japanischen Kultur und Ideologie im Gegensatz zur amerikanischen;
- General MacArthur und seine Mitarbeiter; und deren optimistischen Versuche der „Demokratisierung“;
- Widersprüchliche Ansichten hinsichtlich der Zukunft des japanischen Tennō;
- Das Leben der amerikanischen Besatzungstruppen mitten unter den geschlagenen Japanern;
- Allgemeines Verhalten der Besetzungstruppen, u.a. gegenüber japanischen Frauen;
- Vergleich zwischen Japan und Deutschland hinsichtlich der Zeit vor und nach 1945;
- Zusätzlich: Witzzeichnungen („cartoons“) aus amerikanischer und aus japanischer Sicht über die Besatzungszeit
Helmut Morsbach
In Kapstadt vor 79 Jahren geboren, erlebte ich das Kriegende als Kind im Haus meiner Großeltern mütterlicherseits in der Nähe von Hamburg. Durch Briefmarkensammeln bekam ich auch eine besonders schöne japanische Marke. Danach sah ich in Südafrika den beeindruckenden Film „Rashōmon“ von Akira Kurosawa.
Nach Studium der Biologie und Psychologie in Südafrika und in Deutschland promovierte ich 1965 in Kapstadt im Hauptfach Sozialpsychologie. 1967-1969 war ich vollzeitig „Assistant Professor“ an der „International Christian University“ in Tokyo; dann wieder 1992-2001 vollzeitig Professor an der staatlichen Shiga-Universität in Hikone, Japan. Z.Zt. bin ich „Adjunct Professor of Psychology“ an der amerikanischen Temple-Uni in Tokyo.