Mittwoch, 13. Mai 2020, 18:30–20:00 Olympische Reihe, Teil 3. Dr. Sonja Ganseforth (DIJ): „Olympia? Nein danke! Japanischer Protest gegen Tokyo 2020″ Fällt aus, wird nachgeholt!

Demonstrationen gegen die Olympischen Spiele 2020 werden nur selten im Tokyoter Stadtbild oder in den japanischen Medien sichtbar, doch eine kleine Zahl von Aktivisten hat sich zusammengeschlossen, um gegen die Ausrichtung der Spiele in Japan zu protestieren. Die meisten sind schon lange in verschiedenen sozialen Bewegungen aktiv, und diese individuellen Protestbiographien prägen auch ihr Engagement. Ihre Kritik an den Olympischen Spielen ist entsprechend vielschichtig und weist zahlreiche Verbindungen zu anderen Themenfeldern auf, da dieses sportliche Großereignis in ihren Augen viele Probleme in Gesellschaft und Politik des gegenwärtigen Japans gebündelt hervortreten lässt.

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Der Vortrag beleuchtet, wer diese Aktivisten sind, wogegen sich ihre Kritik richtet und wie sie ihrem Protest Ausdruck verleihen. Locker organisiert in einer Reihe von thematischen Arbeitsgruppen befassen sich die Kritiker unter anderem mit Problemen der Stadtentwicklung, Gentrifizierung und Vertreibung von Obdachlosen, mit der Privatisierung und zunehmenden Überwachung öffentlicher Räume und mit der Ver(sch)wendung von Steuergeldern angesichts explodierender Kosten im Vorfeld von Tokyo 2020. Im Hinblick auf den Sport werden außerdem ein den Wettkämpfen zugrundeliegender Nationalismus und Militarismus sowie die Kommerzialisierung und die Ausbeutung der Athleten im Profisport, eine Vernachlässigung des Breitensports und eine Gewaltkultur im japanischen Sport problematisiert. In Anbetracht der weiterhin kritischen Lage nach der Nuklearkatastrophe in Fukushima bestehen außerdem enge Verbindungen zu Anti-Atombewegungen in Japan und darüber hinaus – ebenso wie zu einer wachsenden transnationalen Bewegung gegen die Olympischen Spiele weltweit.

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Sonja Ganseforth ist seit April 2017 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Institut für Japanstudien (DIJ) in Tokyo. Sie hat an den Universitäten Leipzig, Ritsumeikan (Kyoto) und Damaskus studiert und im DFG-Graduiertenkolleg „Bruchzonen der Globalisierung“ in Leipzig mit einer Arbeit zur japanischen Entwicklungspolitik im Nahen Osten promoviert. Ihre Forschung am DIJ ist im Bereich der Humangeographie angesiedelt und beschäftigt sich vorrangig mit Transformationsprozessen in der japanischen Fischerei, der politischen Ökologie von Agrifood-Systemen und globalen Nachhaltigkeitsdiskursen.

Informationen zum Buch-Projekt des DIJ (Japan through the lens of the Tokyo Olympics) finden Sie hier:
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