Mittwoch, 23. Februar 2011, 18:30–20:00 Christoph Neidhart: „Geographie als Schicksal, Geographie als Ausrede; Japans Verhältnis zu seinen Nachbarn“

Die Nord-Territorien, die Senkaku-Inseln und Takeshima – Japan hat mit allen Nachbarn Territorialkonflikte. Lösungen sind keine abzusehen. Dabei belastet der Streit um die fernen unwirtlichen Felsen im Meer das Verhältnis mit China, Südkorea und Rußland. Gegenüber Rußland und China pocht Tokyo auf seiner Maximalposition: Von Moskau verlangt es die Rückgabe der von Rußland kontrollierten Inseln, behauptet dagegen Peking gegenüber, es gebe keinen Territorial-Konflikt.
Rußland hat in der Frage der Süd-Kurilen, wie die Nord-Territorien auch heißen, mehrfach Kompromißvorschläge gemacht, zuletzt im Herbst 2009. Moskau hoffte, den seit sechzig Jahren dauernden Streit mit Premier Yukio Hatoyama endlich beizulegen. Zumal dessen Großvater Ichiro Hatoyama als Premier 1956 mit Moskau diplomatische Beziehungen aufgenommen hatte. Doch der Kreml stieß in Tokyo auf taube Ohren. Nach Hatoyamas Rücktritt und der Ernennung von Seiji Maehara zum Außenminister Japans hat Moskau die Hoffnung vorerst aufgegeben, wie Präsident Medwedew mit seinem Besuch auf Iturup demonstrierte.
Japans Bevölkerung altert und schrumpft; viele entlegene Regionen entvölkern sich. Das Klima auf den Kurilen ist rau, sie sind vulkanisch und erdbeben-gefährdet. Japan braucht diese Inseln nicht. Tokyo argumentiert prinzipiell, Rußland habe sie illegal besetzt; dies wird von Rußland bestritten. Am Beispiel der Kurilen geht Christoph Neidhart in seinem Vortrag der Frage nach, warum Japan zum eigenen Nachteil so unnachgiebig ist.

Christoph Neidhart ist der Japan-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung, er lebt seit neun Jahren in Tokyo. Zuvor war er Visiting Scholar am Rußland-Institut der Harvard University und während fast acht Jahren Moskau-Korrespondent der Weltwoche. Er hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt Museum des Lichts: Petersburger Lieben.