Mittwoch, 26. Februar 2014, 18:30–20:00 Vortrag von Raoul Markus Ruoff: „Japans Bauriesen: die Möglichmacher. Merkmale und Besonderheiten der japanischen Bauindustrie“

Japans Bausektor ist gekennzeichnet durch das Oligopol und den fruchtbaren Wettbewerb der 5 großen, sogenannten ‚Sūpā Zenekon‘ (jap. Abkürzung von ‚super‘ und ‚general contractor‘) Takenaka, Obayashi, Taisei, Shimizu und Kajima. Es handelt sich dabei zum großen Teil um familiengeführte Konzerne mit jahrhundertelanger Tradition, welche die Entwicklung des Landes begleitet und dem Bild der japanischen Städte ihren Stempel aufgedrückt haben. Darüberhinaus ist die Gruppe der Zenekon international tätig und betreut nicht nur japanische Firmen beim Bau ihrer ausländischen Fabriken und Niederlassungen.

Großereignisse wie die erste Olympiade in Tokyo 1964, welche von zahlreichen, tiefgreifenden Infrastruktur- und Großprojekten begleitet wurde, Naturkatastrophen, wie das große Tōhoku-Erdbeben, welche Baumaßnahmen in unvorstellbarem Umfang notwendig machen, oder auch ingenieursmäßige und baulogistische Meisterstücke wie Hochhäuser in Japans Metropolen sowie Brücken und Tunnelbauwerke im Bereich der Seto-Inlandsee ‒ die Leistungsfähigkeit und Innovationskraft der japanischen Bauindustrie nötigt den Kollegen im Ausland einiges an Bewunderung ab und ist bereits zum Gegenstand zahlreicher Forschungsarbeiten geworden. Nicht zuletzt im Hinblick auf den aufsehenerregenden Entwurf des Londoner Büros Zaha Hadid Architects für das neue Stadion in Tokyo und die zu erwarteten weiteren Neubauten im Zuge der bevorstehenden Olympiade erhält das Thema eine gewisse Aktualität.

In dem Vortrag soll zum einen untersucht werden, was die japanische Bauriesen von europäischen oder auch amerikanischen Firmen unterscheidet und welche Rolle sie innerhalb der japanischen Wirtschaft spielen. Außerdem wird darauf eingegangen, was die Besonderheit dieser Konzerne ausmacht, die teilweise die komplette Kette des Bauprozesses von der Projektentwicklung bis zur schlüsselfertigen Errichtung und darüber hinaus in der Hand haben. Um die Arbeit der einzelnen Firmen zu erläutern, werden einige, repräsentative Projekte in Bild und Wort vorgestellt.

Raoul Markus Ruoff, geb. 1979, machte von 1999 bis 2002 zunächst eine Ausbildung zum Zimmermann. Während seines Gesellenjahres in Deutschland ergaben sich erste Kontakte mit japanischem Handwerk. 2003-2010 folgte ein Architekturstudium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Im Rahmen seines Studiums verbrachte er 2007 ein Austauschsemester an der Geijutsu Daigaku in Tokyo und absolvierte ein Praktikum im Basler Büro Herzog & deMeuron. Zur Zeit befindet er sich im Rahmen des DAAD-Programms ‚Sprache und Praxis‘ in Japan und arbeitet als Praktikant bei der Takenaka Corporation und bei Isozaki, Aoki & Associates.