Vorträge
Samstag, 14. Mai 2005, 10:00–19:00 Christian W. Spang: „Die Bedeutung Tokyos für die Geschichte der OAG“
Vortrag im Rahmen des Symposiums „Global Tokyo“, veranstaltet vom „OAG-Kolloquium“ (Prof. Dr. Ophüls-Kashima et al.), OAG, Tokyo
Hinführung: Allein die Tatsache, daß sich der Hauptsitz der OAG seit 1873 unverändert in Tokyo befindet, deutet die enge Verbindung der Gesellschaft mit der japanischen Hauptstadt an. Im Folgenden werden einige Aspekte herausgegriffen, die dies schlaglichtartig beleuchten.
Die Anfänge: Die Etablierung und frühe Entwicklung der OAG war – so wie sie sich tatsächlich ereignete – nur in Tokyo denkbar. Es handelte sich gleichsam um eine Gegengründung zum Club „Germania“ in Yokohama. Daß die wissenschaftliche Tätigkeit der OAG maßgeblich auf der Mitarbeit der im japanischen Staatsdienst bzw. an den Tokyoter Hochschulen tätigen Deutschen beruhte, zeigte sich deutlich als deren Zahl um die Jahrhundertwende stark zurückging.
Die frühen „Wanderjahre“: Zunächst residierte die OAG in einem Tempel (Tenkō-in) in Shiba Kōen. 1878 siedelte sie nach Kanda (Seidō) über, bevor sie 1881-83 vorübergehend auf dem Gelände der deutschen Gesandtschaft unterkam. Von dort zog die OAG auf Vermittlung der japanischen Regierung für zwei Jahre in den Ueno Park (Seikendera 5). Innerhalb von zwölf Jahren hatte die Gesellschaft demnach vier verschiedene Unterkünfte.
Die OAG-Häuser: 1885 bezog man in Kanda erstmals ein eigenes Haus. Am Vorabend des Ersten Weltkrieges wurde ein altes Gebäude in Hirakawa-chō erstanden. Da der geplante Neubau aus finanziellen Gründen nie realisiert werden konnte, wurde dieses Haus immer wieder aus- und umgebaut, bevor es 1945 schließlich mitsamt dem größten Teil der Bibliothek abbrannte. Nach dem 2. Weltkrieg kaufte die OAG das heutige Grundstück in Akasaka, und baute 1955/
56 erstmals selber. Gut 20 Jahre später wurde in Kooperation mit der Bundes-republik Deutschland auf dem OAG-Grundstück das jetzige Gebäude errichtet.
Die Geburtstage: Die Feiern der „runden“ Jahrestage spiegeln den Zusammen-hang zwischen der OAG-Geschichte und Tokyo bzw. den deutsch-japanischen Beziehungen beispielhaft wieder. 1923 war die 50-Jahr-Feier u.a. wegen der Erdbebenkatastrophe verschoben worden. Zehn Jahre später nahmen mehrere Minister und Botschafter ebenso wie S.K.H. Prinz Fushimi an der Festveranstaltung teil. 1943 fand die Feier des 70-jährigen Gründungsjubiläums in der deutschen Botschaft in Gegenwart einiger hochrangiger japanischer Repräsentanten ganz im Zeichen von Hakenkreuz und Dreimächtepakt statt. Weitere zehn Jahre später war die OAG heimatlos und feierte daher im Tokyo Kaikan. Bei der Eröffnung des „alten“ OAG-Hauses (1956) ebenso wie bei derjenigen des jetzigen Gebäudes (1979) sowie bei den Festveranstaltungen zum 90. und 100. Geburtstag der Gesellschaft verbreitete die Anwesenheit von Prinz Mikasa dann erneut „kaiserlichen“ Glanz.
Fazit: Die OAG-Geschichte ist mit dem Schicksal Tokyos untrennbar verbunden.
Christian W. Spang ist Historiker, Vorsitzender des Ausschusses für die Geschichte der OAG (GOAG) und zur Zeit an der Sophia-Universität und an der Dokkyō-Universität als Lehrbeauftragter beschäftigt.