Mittwoch, 20. November 2013, 18:30–20:00 Vortrag von Sebastian Hofstetter (M.A.): Pflege als ein Thema der zeitgenössischen Literatur

In Japan wird, wie in anderen überalterten Gesellschaften auch, Aspekten der „Pflege“ wieder verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt.
Eine eindeutige Definition von „Pflege“ als Gegenstand der Literatur lässt sich nicht festmachen. Dennoch ist zu sagen, dass Pflege schon seit längerem ein Thema ist und durch verschiedene japanische Literaten immer wieder aufgegriffen wurde. Besondere Aufmerksamkeit erlangte der junge Schriftsteller Mob Norio, als er im Jahr 2004 für seinen Roman Kaigo nyūmon mit dem Akutagawa-Preis einen der angesehensten Literaturpreise Japans erhielt. Die Preisverleihung war wohl auch der Brisanz des Themas Pflege eines alten Familienangehörigen geschuldet, das Mob Norio in seinem Roman anspricht.

Im Vortrag, der auf der 2011 eingereichten Masterarbeit basiert, soll der Schwerpunkt auf der Illustration der Laien- oder häuslichen Pflege durch Angehörige liegen, wie sie sich in Kaigo nyūmon darstellt. Ausgehend von diversen Gegenwartsliteraten soll gezeigt werden, dass es sich bei Pflegeliteratur, um einen “Schein von Wirklichkeit” (Hamburger 1957) handelt. Durch die fiktionale Darstellung von Pflegeszenarien wird auch immer soziale Realität dargestellt. Es lässt sich ablesen, wie Pflege in der japanischen Gesellschaft gesehen wird und welche Rolle ihr zukommt. An verschiedenen Fallbeispielen soll diese Fragen im Rahmen des Vortrages nachgegangen werden, um abschließend zu diskutieren, inwieweit Pflege als ein Topos der zeitgenössischen japanischen Literatur betrachtet werden kann.

Sebastian Hofstetter ist Promotionsstipendiat am Deutschen Institut für Japanstudien. In seiner Promotion beschäftigt er sich mit der Rolle von Workers Collectives in Japan, die sich in der Pflege älterer Japaner engagieren. Nach Beendigung des Studiums der Japanologie an der Goethe-Universität von 2006-2012 in Frankfurt/Main war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der MLU Halle-Wittenberg (Lehrstuhl Prof. Dr. Christian Oberländer) tätig. Von 1996-1999 absolvierte Hofstetter eine Ausbildung zum Krankenpfleger an der Missionsärztlichen Klinik in Würzburg und war anschließend mehrere Jahre u.a. in der Zentralen Notaufnahme des Klinikums der Julius-Maximilians Universität Würzburg beschäftigt.