Mittwoch, 16. März 2011, 18:30–20:00 Dr. des. Tom Grigull: „Die Gesichtsmasken (Larven) der Tokugawa in Leipzig aus der ehemaligen OAG-Museumssammlung in Tokyo-Shiba“ – FÄLLT AUS!

Photo Event Photo Event

Das Nō-Theater und das Kyōgen blicken auf eine rund 700-jährige Theatergeschichte zurück, die durch entscheidende Brüche und programmatische Änderungen geprägt ist. Anders als bislang außerhalb der Japanforschung oft behauptet, ist die Geschichte der Sarugaku (Affenspiele) als die Nō und Kyōgen noch bis in die Meiji-Zeit (1868-1912) hinein gemeinsam bezeichnet wurden, in mindestens drei Hauptphasen entscheidend verändert und geprägt worden, bis hin zu ihrer heutigen Gestalt.
Nur durch wenige Sammlungen von Gesichtsmasken (Larven) von Nō, Kyōgen und anderen Formen des japanischen Maskentheaters lassen sich diese Phasen materiell belegen. Ein prominentes und bisher unbekanntes Beispiel findet sich in den Sammlungen des Leipziger Völkerkundemuseums, das als eines der ältesten bürgerlichen Institutionen seiner Art gilt und einen Teil seiner bemerkenswerten Sammlung einer Schenkung der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens (OAG) aus dem Jahr 1878 verdankt.
Bislang blieb der Inhalt der Sammlung ebenso unbeachtet wie ihre Vorgeschichte in Japan, auch über ihren Ausbau in Leipzig wusste man wenig. Viele Befunde, die bei den, im Rahmen des abgeschlossenen Dissertationsprojektes des Vortragenden, unternommenen Untersuchungen verzeichnet wurden, legen nahe, dass die 59 Nō-Larven (Gesichtsmasken) der OAG Mitte 1876 direkt aus dem Besitz der Tokugawa in den der OAG übergingen.
Der Vortrag wird eine größere Auswahl der japanischen Larven vorstellen und ihre Bezüge erklären. Neben zahlreichen Larven berühmter Schnitzer der frühen Edo-Zeit finden sich auch alte Larven aus der Entstehungszeit von Nō und Kyōgen, die entsprechende Beglaubigungen prominenter Figuren der Nō-Welt der Edo-Zeit enthalten. Zudem wird dargestellt, wie sich die Sammlung im Verhältnis zu japanischen Sammlungen und außerjapanischen darstellt und wie geschickt in Leipzig die Sammlung aus anderen Quellen erweitert wurde.

Tom Grigull, geboren 1978 in Berlin-Pankow. Studium der Theaterwissenschaft und Japanologie, der Literaturwissenschaft und Theologie in Leipzig und Osaka. Künstlerischer Leiter und Gründer des japanischen Festivals Ohayō, Japan! in Leipzig seit 2007. Promotion an der Ludwig-Maximilians-Universität München (Japanzentrum; Disputation am 25. Januar 2011) mit der Studie Japanische Larven und Masken. Eine Leipziger Sammlung, die Tokugawa und die Dainenbutsu-Sarugaku in Kyōto. (Publikation in Vorbereitung). Tätig als freier Regisseur, Autor und in der Kunstvermittlung an Museen. Artikel und Monographien beim JDZB, in Ausstellungskatalogen und Büchern des Festivals Ohayō, Japan! Preisträger des Uchimura-Naoya-shō des Internationalen Theaterinstitutes (ITI) / UNESCO, Paris im Jahr 2010.

Mehr Informationen zum Thema aus der Leipziger Volkszeitung: LVZ_27102010_S.21_