Mittwoch, 3. März 2010, 18:30–20:00 Shizuka Jäger-Dresen: „Selbständigkeit in Japan: Entfesselte Arbeit?“

In den meisten OECD-Ländern wird eine „Renaissance der Selbständigkeit“ beobachtet. Nicht so in Japan, wo die Gesamtrate der Selbständigen seit den 1980er Jahren rückläufig ist. Gleichwohl kann jedoch mit der zunehmenden Diversifizierung von abhängigen Erwerbstypen im Rahmen der Flexibilisierung und Deregulierung der Arbeitsmärkte (u.a. Teilzeit-, Vertrags-, Leiharbeit) auch eine Pluralisierung selbständiger Erwerbstypen festgestellt werden. Es ist zu beobachten, dass einige dieser Teilgruppen entgegen der allgemeinen Rückläufigkeit von Selbständigkeit (Landwirte, Ladeninhaber, Gastronomen, Arbeitgeber-Selbständige etc.) signifikant zunehmen. Diese „neuen Selbständigen“ gründen häufig im Dienstleistungsbereich Kleinst- oder Solo-Unternehmen. Sie zeichnen sich oftmals durch eine hohe Mobilität, Flexibilität und nicht selten auch durch eine hohe Professionalisierung aus. Manche genießen große Freiheiten in ihrer Arbeitsgestaltung und weisen sich durch hohe Arbeits- und Lebenszufriedenheit aus – ganz anders als manch ein „Sararīman“. Doch zu welchem Preis?

Im Vortrag wird die historische Entwicklung selbständiger Erwerbstätigkeit in Japan und die Definition alter und neuer Selbständigkeit ausgeführt. Es werden wirtschaftliche und sozio-demographische Hintergründe dargelegt, und anhand von Ergebnissen aus eigens durchgeführten Interviews mit sog. „Independent Contractors“ ergänzt. Diese erlauben Einblicke in konkrete Arbeits- und Lebensweisen, Biographien und Motive der neuen Selbständigen. Im Mittelpunkt des Vortrages steht vor allem die Frage nach 1) den Chancen und Risiken für die Beteiligten und 2) einer arbeitssoziologischen Einordnung dieses Phänomens in allgemeine Entwicklungstendenzen der japanischen Arbeitsgesellschaft.

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Shizuka Jäger-Dresen, 1979 in Hongkong geboren, studierte Regionalwissenschaft Japan und Soziologie in Bonn (2001-2006) und Kagoshima (2003/04). Seit 2007 promoviert sie im Bereich der Arbeitssoziologie an der Universität Duisburg-Essen. In diesem Rahmen führte sie als Visiting Research Scholar an der Universität Tokyo (ISS) 2008/09 Feldforschungen durch und ist seit 12/2009 Stipendiatin am DIJ.