Mittwoch, 24. Februar 2016, 18:30–20:00 Dr. Florian Neumann: „Politischer Utopismus bei Vertretern der japanischen Rechten vor 1945“

Die Postulate ultrarechter japanischer Ideologie von der Meiji-Zeit bis Kriegsende werden oft unter dem Begriff kokka shugi subsumiert, der ins Deutsche nicht adäquat übertragen und am ehesten ‒ in Anlehnung an den französischen „Etatismus“ mit „Staat-ismus“ übersetzt werden kann. Dessen Theoretiker beschrieben, wie Japans Gesellschaft mit dem Tennō-Staat zu einem kollektivistischen Ganzen („einem Körper“) verschmelzen sollte, wobei Platons Ausführungen zum „idealen Staat“ als Referenz herangezogen wurden.

In dem Vortrag wird an den Beispielen von Platons Politeia und Thomas Morus’ Utopia zunächst die Problematik aufgezeigt, wie solche utopistischen kollektivistischen Staatsentwürfe quasi zwangsläufig in totalitäre Systeme münden, da sie nur durch völlige Unterwerfung des Individuums gegen die menschliche Natur realisiert werden können. Die hierbei wegweisenden Überlegungen von Karl Popper und Ayn Rand bilden den Rahmen, um die Vorstellungen von Japan als Idealstaat bei Uesugi Shinkichi (1878-1929), Satomi Kishio (1897-1974) und Okawa Shumei (1886-1957) totalitarismustheoretisch einzuordnen.

Florian Neumann studierte Japanologie, Sinologie und Neuere Geschichte an der LMU München sowie Ethik an der Kyushu-Universität und promovierte 2008 mit der Studie Politisches Denken im Japan des frühen 20. Jahrhunderts – Das Beispiel Uesugi Shinkichi (1878-1929). Er arbeitet seit 2004 an der Kagawa-Universität in Takamatsu.