Mittwoch, 25. März 2009, 18:30–20:00 Vortrag Eike Grossmann: „Kurokawa Noh“

Die Inszenierung sakraler Dorfspiele in Kurokawa –
Eine ethnographische Studie des Ōgisai als Mittel zur Selbstdarstellung und Abgrenzung

„Das Kurokawa Nō ist eine Sakralkunst die eng mit den matsuri (Fest) [des Dorfes Kurokawa] verwoben ist. Obwohl das [Kurokawa] Nō nicht aus den matsuri entstanden ist, so regt es uns doch an, über die Beziehung von Festen und Aufführungskünsten nachzudenken. Diese Menschen, die diese von archaischer Lebenskraft überquellende Sakralkunst tradieren, erinnern an das furusato des Herzens, welches die Japaner schon längst verloren haben. […] Ich war völlig berauscht von meinem ersten Besuch des Kurokawa Nō.“
(Zitiert und übersetzt aus dem Japanischen nach Ōmori 1970:62)
Ōmori Kazuo (1970): „Kurokawa nō no sekai“, in: Sansai. 260:62-65
In Kurokawa, einem kleinen Bauerndorf in der Präfektur Yamagata, wird seit über 400 Jahren ein Ableger des Nō-Theaters gepflegt. Diese 1976 zum „natio-nalen bedeutsamen und unantastbaren Volkskulturgut“ (kuni shitei jūyō mukei minzoku bunkazai) erklärte Theaterform ist fest in den Kontext der matsuri (Feste) des Dorfschreins Kasuga jinja eingebunden und wird von Generation zu Generation weitergegeben. Das Kurokawa Nō wirkt so als strukturierendes Element der Dorfgemeinschaft, deren Leben sich an den Aufführungen und matsuri orientiert.
Der Vortrag möchte am Beispiel der Inszenierung des Ōgisai, dem größten der vier Feste des Kasuga jinja, die Strategien der Selbstdarstellung der Dorf-bewohner untersuchen. Anhand der Rezeptionsgeschichte des Kurokawa Nō seit dem 17. Jahrhundert wird zudem dessen Verhältnis zum professionellen Nō-Theater herausgearbeitet um so die Entstehung dieser Inszenierungs-mechanismen zu entschlüsseln. Ein besonderer Schwerpunkt der Analyse liegt hierbei auf dem Zusammentreffen der Dorfbewohner mit Touristen.

Dr. cand. Eike Großmann hat in Tübingen, Trier, Kyoto und Tokyo Japanologie, Germanistik und Sinologie studiert. Nach ihrem Magisterabschluss 2004 war sie Doktorandin an der Waseda Universität und arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Trier, wo sie 2008 promoviert wurde. Seit Oktober 2008 ist sie nun als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Japanologie der Goethe-Universität Frankfurt tätig. Mit ihrem Vortrag stellt sie einen Teil ihrer Dissertation vor, in der sie sich mit der Bedeutung von japanischen Volkskünsten (minzoku geinō) als kulturelle Performanzen und den Einfluss von Tourismus am Beispiel des Kurokawa Nō befasst.