Mittwoch, 7. Dezember 2011, 18:30–20:00 Weder Kaiser noch Papst – Einblicke in die Vorstellungen von Herrschaft im 13. Jahrhundert in Japan

Eine gelungene Übertragung von Amt und Titel der historischen japanischen Monarchen in europäische Begriffe ist keine leichte Aufgabe. Auch wenn spätestens seit dem 18. Jahrhundert tennō mit Kaiser wiedergegeben wird, sind die Unterschiede zu den europäischen Vorbildern keineswegs gering. Ebenso gut lassen sich die Funktionen des Amtes in religiöser Hinsicht verstehen. Neben den bekannten Bezügen der Monarchen zur Sonnengöttin Amaterasu nahmen im frühen Mittelalter (12.-14. Jh.) besonders buddhistische Vorstellungen vom höchsten Amt zu. Einer damals verbreiteten Lehre nach hatten sich die weltlichen und geistlichen Mächte als königliches Gesetz (ōbō) und Buddha Gesetz (buppō) gegenseitig zu stützen. Doch wie veränderten diese neuen religiösen Bezüge die seit dem Altertum propagierte Sakralität des Tennō? Der Hof dominierte in weiten Teilen die religiösen Institutionen, besaß in ihnen aber auch einen wirkungsvollen Gegenspieler, der seinerseits auf die Politik Einfluss nahm. Die Rolle eines allgemeinen geistlichen Oberhauptes hatten die mittelalterlichen Monarchen in Japan ebenfalls nicht übernehmen können.

In welchem Verhältnis standen nun aber religiöse und politische Interessen zueinander im Amt und welche Position nahmen die mittelalterlichen Monarchen im Gesamtgefüge dabei ein?
Lassen sich Parallelen zu den Entwicklungen zwischen regnum und sacerdotium im europäischen Mittelalter ziehen?
Was für ein Herrscherbild ist uns in den frühmittelalterlichen Quellen überliefert?

Anhand von Geschichtswerken wie dem Gukanshō (1220) und Geschichtssammlungen wie dem Jikkinshō (1252) möchte ich versuchen, einen Einblick in die ideellen Aspekte von Herrschaft im abwechslungsreichen 13. Jahrhundert zu geben und diese in den größeren Kontext der mittelalterlichen Vorstellungswelt einzuordnen.

Daniel Schley hat in Hamburg Geschichte, Philosophie und Japanologie mit einem Schwerpunkt auf der mittelalterlichen Geschichte Europas studierte. Seit 2008 ist er Doktorand am Japan-Zentrum der LMU München und zzt. Gastforscher am Historiographischen Institut der Tokyo Universität, wo er an seiner Dissertation über die verschiedenen Formen sakraler Herrschervorstellungen im frühmittelalterlichen Japan arbeitet.