Mittwoch, 19. März 2008, 18:30–20:00 135. Gründungsjubiläum der OAG und Festvortrag: Taminos „japonisches Jagdkleid“ – das Japanbild Mozarts –

Seit der Gründung der OAG am 22. März 1873 sind 135 Jahre vergangen.
Eine lange Zeit, bedenkt man, dass sie sich über die Zeitspanne Meiji, Taishō, Shōwa und Heisei erstreckt.
In unserer diesjährigen Jubiläumsfeier wollen wir Sie zu einer Zeitreise einladen, die uns die Spannweite der bis heute lebendigen musikalischen Tradition erleben lässt.
Zu Beginn hören Sie Gagaku-Musik, wie Sie seit 1000 Jahren tradiert wird.
Die Shō (japanische Mundorgel)-Spielerin Bunno Asumi stammt aus einer Familie, die dieses Instrument und die Musik seit einem Jahrtausend von Generation zu Generation überliefert und das Amt des Shō-Spielers im kaierslichen Gagaku-Orchester innehat.
In seinem Festvortrag wird Prof. Kreiner auf das Japan-Bild Mozarts und seiner Zeitgenossen eingehen.
Hätte Mozart die Gelegenheit gehabt, Hofmusik in Japan zu hören, so hätten ihn die Klänge der Shō und der anderen japanischen Flöten vielleicht zu einer ganz anderen Zauberflöte inspiriert…..
Wie dem auch sei: Im Anschluss an den Vortrag werden wir in der Gegenwart ankommen und sehen, wie die jungen Gagaku-Spieler Altes mit Neuem verbinden und ungewohnte Wege gehen, indem sie Shō, Yokobue (traditionelle Querflöte) und Kontrabass kombinieren.
Bei dem anschließenden gemeinsamen Abendessen können Sie in Erinnerungen an alte OAG-Zeiten schwelgen oder bei einem Glas Wein darüber sinnieren, wie Mozarts Zauberflöte wohl geklungen hätte, wenn…..

Jeder Besucher erhält ein ausführliches Programmheft, in dem die einzelnen Stücke, die Instrumente und Interpreten vorgestellt werden.

Ōta Yutaka (*1975 in Toyama) begann im Alter von 16 Jahren mit dem Studium der Gagaku-Musik und studierte Flöte bei Anzai Shōgo und Shiba Sukeyasu sowie Sanomai (eine Form der Gagaku-Musik) bei Tōgi Masaki.
Er führt nicht nur alte Gagaku-Musik im In- und Ausland auf, sondern arbeitet außerdem als Tänzer, Komponist und war in dem NHK-Historiendrama „Yoshitsune“ für das Einstudieren der Tänze verantwortlich.

Bunno Asumi spielt seit ihrem fünften Lebensjahr Klavier, wechselte dann aber mit 17 Jahren zu dem Gagaku-Instrument Shō, das sie zunächst bei Bunno Hideaki und Bunno Takeaki lernte.
Später studierte sie bei Ishikawa Kō und Shiba Sukeyasu an der Abteilung für alte japanische Musik der Geidai-Kunsthochschule.
Als Frau ist ihr die Mitgliedschaft in dem kaiserlichen Gagaku-Orchester verwehrt, doch zeigt sie durch Uraufführungen (z.B. Werke von Tanaka Yoshifuke), öffentlichen Konzerten mit genreübergreifenden Werken oder Auftritten in NHK-Sendungen, dass sich Frauen heutzutage durchaus mit diesem Instrument behaupten können.

Satō Erika fing im Alter von drei Jahren mit dem Klavier- und neun Jahren mit dem Violin-Spiel an.
Im Jahr 2000 begann sie, an der Kunitachi-Musikhochschule Violine im Hauptfach zu studieren und gleichzeitig modernen Jazz und Kontrabass zu spielen.
Ihre Band SOLID NEXUS gewann 2005 beim Gibson Jazz Guitar-Wettbewerb den ersten Preis.
Die drei Interpreten gründeten zunächst die Band oto, die sich inzwischen – um einige Instrumente angewachsen – Tokyo minzoku ongaku nennt und Musik für alte Gagaku- und neue Instrumente aufführt.
Weitere Informationen zu der Gruppe und den einzelnen Künstlern finden Sie unter:
http://www.rovingspirits.co.jp/tmo/

Festvortrag:Taminos „japonisches Jagdkleid“
– das Japanbild Mozarts –

Das Mozartjahr 2006 brachte zahlreiche Monographien zu Mozarts Leben und Werk, doch in keinem Index dieser Werke bzw. Mozart-Lexika findet sich das Stichwort „Japan“.
Dies erweckt den Eindruck, dass Mozart keinerlei Beziehung zu bzw. Vorstellungen von Japan gehabt hat — dem steht allerdings die Regieanweisung Mozarts in der „Zauberflöte“ (1. Akt, 1. Szene) entgegen, die vorschreibt, Tamino habe in einem „prächtigen japonischen Jagdkleid“ die Bühne zu betreten.
Der Vortrag will den Wurzeln des hinter diesen kurzen Worten stehenden Japanbildes Mozarts nachgehen und wird zunächst mögliche Quellen in der deutschen Literatur des 18. Jahrhunderts aufzeigen, Mozarts Beziehungen zu den Dramen des Jesuiten-Theaters mit Japan-Bezug nachgehen und seine möglichen Begegnungen mit der Kimono-Mode seiner Zeit beachten.
Schließlich bleibt als vielleicht wichtigster Zugang Mozarts zu Japan seine Bekanntschaft mit dem gebürtigen Bonner Dejean, Mozarts „rauem Mann“ und „indianischem Holländer“ zu erwähnen.
Aus allen diesen Hinweisen ergibt sich, dass Mozart wie alle gebildeten Europäer seiner Zeit ein sehr klares und erstaunlich stimmiges Japanbild gehabt haben muss.

Josef Kreiner:
Promotion 1964 in Völkerkunde und Urgeschichte an der Universität Wien, Habilitation in Japanologie 1968 in Wien, 1970 in Bonn. 1971-77 Professor an der Universität Wien, 1977-2008 an der Universität Bonn, 1988-1996 Gründungsdirektor des Deutschen Instituts für Japanstudien, Tokyo. Emeritierung im Februar 2008. Derzeit Professor emer. an der Universität Bonn und Special Advisor des Präsidenten der Hōsei-Universität, Tokyo.